11.500 Geschädigte stellen Forderungen

Wirecard-Gläubiger fordern über 12 Mrd. Euro

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Rund 11.500 von dem Skandalkonzern Geschädigte meldeten ihre Forderungen an - Heute fand die erste Gläubigerversammlung in München statt.

Nach dem Zusammenbruch des deutschen Skandalkonzerns Wirecard haben gut 11.500 Gläubiger des insolventen Zahlungsdienstleisters Forderungen in Höhe von gut 12,4 Mrd. Euro angemeldet. Das teilte das Münchner Amtsgericht am Mittwoch nach der ersten Gläubigerversammlung mit.
 
Damit übersteigen die angemeldeten Forderungen die bisher erzielten Erlöse bei der Abwicklung des Konzerns erwartungsgemäß um ein Vielfaches. Die sehr hohe Summe von mehr als 12 Mrd. Euro erklärt sich daraus, dass neben geschädigten Banken, Investoren und Geschäftspartnern auch viele Aktionäre Schadenersatzforderungen angemeldet haben.
 
Das einst als deutsche Technologiehoffnung gehandelte Unternehmen nimmt damit auch in dieser Hinsicht eine negative Ausnahmestellung ein: Nach Berechnungen der Auskunftei Creditreform gab es 2019 in Deutschland 19.400 Firmeninsolvenzen, die durchschnittliche Schadensumme für die Gläubiger lag demnach bei 856.000 Euro. 12,4 Milliarden wären mehr als das Vierzehntausendfache dieses rechnerischen Durchschnittswerts.
 
Die Wirecard-Gläubiger und ihre Anwälte hoffen, dass ihnen der Insolvenzverwalter zumindest einen Teil der verlorenen Milliarden in absehbarer Zeit zurückerstattet: "Ich habe Verfahren erlebt mit 14, mit 18, sogar mit 20 Jahren", sagte der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil, der geschädigte Aktionäre vertritt. "Aber wenn ein Vermögen da ist, das auf die Gläubiger verteilt werden kann, das kann schon nach zwei oder drei Jahren passieren."
 

Milliarden wohl nicht komplett zurückerstattet

 
Die Hauptfrage der Gläubiger: Mit wie viel Geld können sie rechnen? "Die Quote kann man heute schwer einschätzen", sagte Mattil dazu. Nach Angaben aus Finanzkreisen hat Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé bisher mit dem Verkauf von Unternehmensteilen und Technologie etwa eine halbe Milliarde Euro erlöst. Weitere Verkäufe sind geplant, doch es gilt als ausgeschlossen, dass der Insolvenzverwalter die verlorenen Milliarden komplett zurückholt.
 
Persönlich erschienen zu der Versammlung im Münchner Löwenbräukeller lediglich 74 Teilnehmer, darunter Anwälte wie Mattil, die die Ansprüche zahlreicher Gläubiger gebündelt vertreten. Das Amtsgericht hat insgesamt sieben Gläubigerversammlungen einberufen, die zwei Tage dauern sollen. Neben der Muttergesellschaft Wirecard AG sind auch sechs Tochtergesellschaften insolvent, für jede Gesellschaft ist eine eigene Gläubigerversammlung angesetzt.
 
Der ehemalige DAX-Konzern hatte im Juni nach dem Eingeständnis von Phantomgeschäften Insolvenz angemeldet, allein Banken und Investoren haben nach Berechnungen der Münchner Staatsanwaltschaft mehr als 3 Mrd. Euro verloren. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Ex-Vorstandschef Markus Braun und seinen Mitbeschuldigten gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor.
 
Neben den Verlusten der kreditgebenden Banken und Investoren, Lieferanten und anderer Geschäftspartner stehen die ungleich höheren Kursverluste der Wirecard-Aktie: Das Unternehmen war bei der Aufnahme in den deutschen Aktienleitindex DAX im September 2018 an der Frankfurter Börse mehr als 23 Mrd. Euro wert, nach der Insolvenz und dem Kurssturz waren es dann weniger als 100 Millionen. Das hat neben institutionellen Anlegern auch sehr viele Kleinaktionäre getroffen.
 
Aktionäre sind rechtlich betrachtet keine Gläubiger eines insolventen Unternehmens, sondern Gesellschafter - als solche gehen sie bei Insolvenzverfahren häufig leer aus. Wenn es sich jedoch wie bei Wirecard um einen großen Betrugsfall handelt, können Aktionäre ihre Schadenersatzforderungen beim Insolvenzverwalter anmelden, wie ein Sprecher der deutschen Anlegergemeinschaft DSW in Düsseldorf sagte. Doch auch die DSW betont, dass eine Prognose zur Höhe der möglichen Rückzahlungen nicht möglich sei.
 
Auch an diesem Donnerstag wird der Wirecard-Skandal wieder im Fokus stehen: Der seit dem Sommer in Untersuchungshaft sitzende frühere Vorstandschef Markus Braun, ein Österreicher, soll vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags aussagen.
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