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Patentverzicht bei Impfstoffen in Griffweite

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Die EU, die USA, Südafrika und Indien haben Insidern zufolge einen Konsens über Schlüsselelemente eines lang angestrebten Verzichts auf Patentrechte für Corona-Impfstoffe erzielt.  

Insidern zufolge handelt es sich um eine vorläufige Vereinbarung zwischen den vier Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO), die noch der formellen Zustimmung bedarf, bevor sie als offiziell betrachtet werden kann. Für Attac und die SPÖ ist der Vorschlag unzureichend. 

Einige Elemente des Abkommens, einschließlich der Frage, ob die Dauer des Patentverzichts drei oder fünf Jahre betragen soll, müssen noch finalisiert werden, wie aus dem Reuters vorliegenden Entwurf hervorgeht. Erlaubt werden soll demnach die Verwendung von "patentierten Teilen, die für die Herstellung und Lieferung von Covid-19-Impfstoffen erforderlich sind, ohne die Zustimmung des Rechteinhabers, soweit dies zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie nötig ist". Zudem sollen auch auf geistige Eigentumsrechte für Inhaltsstoffe und Verfahren, die für die Herstellung von Corona-Impfstoffen erforderlich sind, verzichtet werden.

Einschränkungen und Ausschluss Chinas

Der Text enthält mehrere Einschränkungen, darunter, dass die Ausnahmeregelung nur von WTO-Ländern in Anspruch genommen werden kann, die 2021 weniger als zehn Prozent der weltweiten Ausfuhren von Corona-Impfdosen exportiert haben. Zudem sind Corona-Behandlungen- oder Tests ausgenommen. Auch würden die Beschränkungen China wahrscheinlich von einem Verzicht ausschließen, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.

Kompromiss bei WTO 

Der Text, der in Verhandlungen in der vergangenen Woche erstellt wurde, wurde an Beamte in Brüssel, Washington, Johannesburg und Neu-Delhi verteilt, bevor er anderen WTO-Mitgliedern vorgelegt wurde. Seine Annahme ist noch nicht sicher. Ein Sprecher der US-Handelsbeauftragten Katherine Tai erklärte, die informellen Gespräche zwischen den vier Hauptparteien hätten noch nicht zu einer Einigung, aber zu einem vielversprechenden Kompromiss geführt. Die Beratungen würden noch fortgesetzt. Bei der WTO war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.

Zugang zu Vakzinen weltweit 

Die vorläufige Einigung wurde nach monatelangen Verhandlungen darüber erzielt, wie die Produktion von Corona-Impfstoffen in Entwicklungsländern beschleunigt werden kann. Dort liegen die Impfraten weit hinter denen wohlhabender Länder zurück. Die Debatte kam auf, nachdem die USA im vergangenen Frühjahr angekündigt hatte, dass sie einen vorübergehenden Verzicht auf geistige Eigentumsrechte in Bezug auf Impfstoffe und medizinische Produkte gegen Corona unterstützen würde. Viele Länder und Nicht-Regierungsorganisationen hatten kritisiert, dass die Hersteller von Corona-Impfstoffen ihre Patente nicht freigeben, um einen weltweit besseren Zugang zu den Vakzinen zu erreichen. Die Impfstoff-Hersteller setzen dagegen auf einen Transfer ihrer Technologien und Partnerschaften.

Kritik von SPÖ und Attac

"Dieser Vorschlag ist zu wenig. Er ist lediglich ein Eingeständnis, dass die WTO-Regeln für geistiges Eigentum den gerechten und leistbaren Zugang zu medizinischer Versorgung behindern. Fatalerweise hat es für diese Erkenntnis zwei Jahre gedauert und Millionen Tote bedurft", kritisierte Alexandra Strickner von Attac Österreich in einer Aussendung. Der Vorschlag sei für Attac nicht ausreichend, um einen gerechten Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen zu gewährleisten. "Die TRIPS-Verzichtserklärung ist, soweit bekannt geworden ist, schwach, zwei Jahre zu spät und vorerst nur auf Impfstoffe und eine begrenzte Anzahl von Ländern beschränkt", betonte Petra Bayr, die SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung. "Aber es ist ein kleiner und wichtiger Schritt zur Stärkung der globalen Gesundheit gegenüber der Macht der Pharmakonzerne."

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