Coronavirus

Aus Lockdown freitesten: Experten kritisieren Regierungsplan

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Der Plan der Regierung, dass man nur mit einem negativen Testergebnis ab 18. Jänner aus dem Lockdown darf, ist für viele Experten problematisch.

Unterschiedlich blicken Wissenschafter auf die ersten Informationen zu dem offenbar geplanten neuerlichen Lockdown nach den Weihnachtsfeiertagen bis zum 18. Jänner. Es sei angesichts der weiter hohen Fallzahlen hierzulande notwendig, die Neuinfektionen stark zu drücken. Ein weiterer Lockdown würde das voraussichtlich auch bewirken. Zu den Massentests an dessen Ende orteten Eva Schernhammer, Thomas Czypionka und Peter Klimek viele Fragezeichen.

"Entscheidend ist, wie wir nach Weihnachten weiter machen"

Jetzt sozusagen den "Grinch" zu spielen und Weihnachten quasi abzusagen, macht laut Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien wenig Sinn: "Spielentscheidend ist, wie wir nach Weihnachten weiter machen." Dass es eine deutliche Reduktion des Infektionsgeschehen braucht, sei nun offenbar auch bei allen Entscheidungsträgern angekommen, so der Wissenschafter am Freitag am Rande einer Online-Pressekonferenz.

Massentests nur gut mit sinnvoller Strategie

Massentests halte sie "prinzipiell für gut - allerdings nur, wenn sie in eine sinnvolle Strategie eingebettet sind", so Eva Schernhammer von der MedUni Wien und der Harvard Medical School (USA). Der Sinn einer scheinbar geplanten Massentestung mit gewissem Verpflichtungscharakter um den 16. und 17. Jänner sei jedoch fraglich, weil solche Maßnahmen am Ende eines Lockdowns prinzipiell weniger Aufschluss brächten. Es brauche wiederholt solche Aktionen, etwa in einzelnen Regionen mit noch höheren Zahlen. "Ein einzelner Massentest bewirkt wahrscheinlich so gut wie gar nichts", so die Forscherin, die einschränkte, die konkreten Vorhaben nicht zu kennen.

"Das Element der Wiederholung ist natürlich extrem wichtig", bekräftigte Klimek. Auch nach einem neuerlichen Lockdown, der die Fallzahlen wiederum auf bis zu ein Drittel des Ausgangswertes absenken könnte, werde es Regionen mit noch höheren Werten geben. "Epidemiologisch sinnvoller wäre es, eine etwaige Massenteststrategie an dieses Fallzahlenniveau zu koppeln." Wenn man es in so einer Region schafft, nur wenige Tage hintereinander tatsächlich in etwa die Hälfte der dortigen Bevölkerung zu testen, könne man sich regional durchaus viele Lockdowntage sparen.

Weihnachts- und Silvester-Effekte

Gerade über die Weihnachtsfeiertage sei aber auch mit einem gewissen "Blindflug" zu rechnen, was die Infektionsdaten betrifft. Klimek: "Wir sehen das ja jetzt schon jeden Sonntag." So könnten dann zwar die Zahlen hinunter gehen, Weihnachts- und Silvester-Effekte mit zunehmenden Infektionen seien aber klarerweise zu erwarten. Klimek erwartet im Jänner also einen Punkt, "an dem wir immer weniger wissen, ob die uns gemeldeten Fallzahlen die tatsächliche epidemiologische Lage widerspiegeln". Spätestens hier brächten strukturierte Massentests mit hoher Beteiligung mehr Aufschluss.

Die nun offenbar geplanten Maßnahmen mit u.a. noch länger geschlossen Schulen und der weiteren Verschiebung der zu dem Zeitpunkt ohnehin vielfach verschobenen Wirtschaftsaktivitäten, erscheinen ihm "grundsätzlich gut", sagte Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS). Denn aus rein epidemiologischer Sicht "graut mir schon vor den Weihnachtsfeiern".

Freitesten "ein bisschen problematisch"

Dass nach den leider "wieder zum falschen Zeitpunkt eingesetzten Massentests" dann scheinbar nur ein negativer Test zum Besuch von Gastronomie und Handel qualifizieren soll, "sei ein bisschen problematisch", so Czypionka. Hier stelle sich die Frage, wie Wirt und Verkäufer das kontrollieren sollen. Er befürchtet dadurch eine gewisse Erschütterung des Vertrauens seitens der Bevölkerung. "Ein Ultimatum kann ich nur aussprechen, wenn ich es auch einhalten kann. Und ich glaube, das wird man nur sehr schwer einhalten können", so der Forscher. Klar sei jedoch, "die Zahlen müssen runter, damit sie auch langfristig unten gehalten werden können - und das müsste man der Bevölkerung auch erklären", so Czypionka, der sich hier das Ausrufen eines gemeinsamen Zieles wünscht.

 

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