Im "BioNTainer" sollen mRNA-Impfstoffe in Afrika vor Ort produziert werden.
BioNTech will 2023 mit der Herstellung von mRNA-Impfstoffen in Afrika beginnen. Im zweiten Halbjahr 2022 will die Mainzer Biotechfirma erste spezielle Container nach Afrika liefern, in denen die Produktion von Boten-RNA (mRNA) - die grundlegende Technologie für die Impfstoffe von Biontech - möglich sein soll. "Und wir rechnen damit, dass wir innerhalb von zwölf Monaten nach der Lieferung dieser Container zum ersten Mal dort produzieren können", sagte Vorstandschef Ugur Sahin.
"BioNTainer"
Welche Impfstoffe Biontech dort genau herstellen will, steht noch nicht fest. Ziel sei es aber, auch den Covid-19-Impfstoff des Unternehmens zu produzieren. "Das ist der Blueprint, der wir wahrscheinlich als erstes transferieren werden", sagte Sahin in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit Reuters-TV. . Dabei soll der Impfstoff zum Selbstkostenpreis hergestellt werden, wie das Management betont. Die von Biontech entwickelten "BioNTainer" sind für die Herstellung verschiedener Impfstoffe ausgerüstet: neben dem Covid-19-Vakzin der Firma und ihres Partners Pfizer auch für die Malaria- und Tuberkuloseimpfstoffe von Biontech, die sich noch in der Entwicklung befinden. Biontech hatte schon im vergangenen Jahr angekündigt, den Aufbau einer mRNA-Impfstoffproduktion in Afrika zu planen. Mit der ruandischen Regierung und dem Institut Pasteur de Dakar aus dem Senegal unterzeichnete das Unternehmen im Oktober eine Absichtserklärung. Noch importiert Afrika 99 Prozent seiner Impfstoffe.
Biontech präsentierte seine neuartige Produktionsanlage bei einem Treffen mit dem Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, den Präsidenten von Senegal, Ruanda und Ghana, dem Direktor der afrikanischen Gesundheitsorganisation Africa CDC, John Nkengasong, sowie Entwicklungsministerin Svenja Schulze an seinem Standort im hessischen Marburg. Die Errichtung von mRNA-Produktionsanlagen in Afrika ist in den Partnerländern Senegal, Ruanda und womöglich auch Südafrika geplant, ein neues Projekt in Ghana soll die Herstellung mit Kapazitäten zur Abfüllung und Verarbeitung unterstützen.
Produktionspartner in Afrika
Für seinen Covid-19-Impfstoff hatte das Unternehmen im vergangenen Sommer mit der südafrikanischen Biovac einen ersten Produktionspartner in Afrika gewonnen. Diese wird aber nur den letzten Schritt übernehmen, also das Abfüllen und Verpacken. Im "BioNTainer" soll nun auch die Produktion der mRNA vor Ort möglich sein. Die Anlage besteht aus insgesamt zwölf Containern von je zwölf Metern Länge zur Herstellung des Wirkstoffs sowie des abfüllfertigen, formulierten Impfstoffs und soll zunächst eine Produktionskapazität von bis zu 50 Millionen Dosen des Covid-Impfstoffs pro Jahr haben.
Die Abfüllung und Verpackung sollen Partner vor Ort übernehmen. Lokale Partner sollen auch die Infrastruktur bereitstellen wie den Anschluss an das Stromnetz und die Wasserversorgung. Biontech will die Produktionsstätten zunächst selbst betreiben und parallel Mitarbeiter sowie Experten vor Ort, aber auch an seinem Standort Marburg trainieren. "Zielsetzung ist auf jeden Fall, langfristig zu gewährleisten, dass wir die Verantwortung an die lokalen Partner übergeben können", betonte Sahin. Dies könnte nach zwei bis drei Jahren der Fall sein, sagte Sierk Poetting, operativer Geschäftsführer bei Biontech.
Viele Länder und Nicht-Regierungsorganisationen hatten kritisiert, dass die Hersteller von Covid-19-Impfstoffen ihre Patente nicht freigeben und fordern dies, um einen weltweit besseren Zugang zu den Vakzinen zu erreichen. Doch Sahin sieht in seinem Projekt die schnellstmöglichste Lösung, um die Technologie des Unternehmens nach Afrika zu bringen. Das Umrüsten etwa einer bereits bestehenden Anlage würde deutlich länger dauern, betonte Poetting.
Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hatte dagegen kritisiert, dass sie in einer Studie 120 Pharmafirmen im globalen Süden identifiziert habe, die in der Lage seien, innerhalb von Monaten in die Produktion von mRNA-Impfstoffen einzusteigen, wenn Biontech einem Technologietransfer zustimmen würde. "Es ist inakzeptabel, dass Biontech zusammen mit anderen Pharmariesen den mRNA-Hub der Weltgesundheitsorganisation in Afrika, der bereit steht, Impfstoffe zu produzieren und die Produktion zu erweitern, zugunsten eines von Biontech kontrollierten Impfstoff-Container-Moduls ignoriert, das erst in gut einem Jahr Impfstoffe produzieren wird", erklärte die Entwicklungsorganisation Oxfam.
Gegen mögliche Nachahmerversionen seines Vakzins will sich Biontech aber nicht zur Wehr setzen. "Unsere Zielsetzung ist nicht, andere daran zu hindern, unsere Technologie zu nutzen, sondern unsere Zielsetzung ist, aktiv dafür zu sorgen, dass unsere Technologie möglichst sicher, möglichst breit auf allen Kontinenten verfügbar ist", sagte Sahin im Reuters-Interview auf die Frage, ob er gegen Kopien etwa durch Organisationen in Entwicklungsländern juristisch vorgehen würde. Der Konkurrent Moderna hatte bereits 2020 erklärt, während der Pandemie keine Patente durchsetzen zu wollen.