Epidemiologe zieht ernüchternde Bilanz: „Wir haben Fehler gemacht“
Vor fünf Jahren brach Corona auch in Österreich aus. Epidemiologe Gerald Gartlehner zieht nun in einem Interview mit der Kleinen Zeitung eine schonungslose Bilanz und spart dabei auch nicht mit Kritik.
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Gartlehner war Mitglied der sogenannten Ampel-Kommission. „Die Idee war ja gut“, so der Experte, der dann aber scharfe Kritik an der Politik übt. „Wenn unsere Aussagen ins politische Schema passten, wurden sie angenommen. Wenn die Einschätzung nicht zu den politischen Plänen passte, wurde sie ignoriert.“ So seien etwa die vom damaligen Kanzler Kurz groß angekündigten Massentests vor Weihnachten aus epidemiologischer Sicht völlig sinnlos gewesen.
Das war der größte Fehler
Der Epidemiologe gibt sich im Interview auch selbstkritisch. „Wir haben Fehler gemacht. In der Politik, in der Wissenschaft, in den Medien: Überall sind Fehler passiert.“ Besonders kritisch sieht Gartlehner die Schließung der Schulen. „Kinder und Jugendliche sind zu den großen Verlierern der Pandemie geworden. Die Schulen wurden ja nicht geschlossen, um Kinder vor dem Virus zu schützen, denn wir wussten schon bald, dass Kinder und Jugendliche durch das Coronavirus nicht besonders gefährdet sind“, so der Experte. Dies habe zu „massiven Nachteilen und Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Jungen“ geführt.
Die umstrittene Impfpflicht hat Gartlehner zunächst auch befürwortet, „doch dann kam die Omikron-Variante“. Somit gab es keine Rechtfertigung mehr für eine Impfpflicht, dennoch hat das Parlament diese im Jänner 2022 beschlossen. „Eigentlich hätte man im Jänner schon sagen können: Die Impfpflicht, das war eine schlechte Idee, wir nehmen das zurück.“