Spätfolgen nach Infektion, monatelange Selbstisolation – diese Geschichten bewegen. Vier Frauen erzählen in ÖSTERREICH über ihr Schicksal.
Während knapp 700 Covid-19-Patienten in unseren Intensivstationen um ihr Leben ringen, hat ÖSTERREICH mit vier Frauen gesprochen, die das Virus überlebt haben oder an vorderster Front gegen Corona kämpfen. Eines ist sicher: Ihr Leben ist nicht mehr wie zuvor.
Sarah Wiener: Langes Leiden nach Infektion
Sarah Wiener, berühmte Köchin und für die Grünen im EU-Parlament, erkrankte schon vor vielen Wochen an Corona. Sie ist längst nicht mehr ansteckend, leidet aber noch an Spätfolgen: „Manchmal reicht ein Anruf und mir geht die Luft aus.“ (siehe Interview) Wiener appelliert daran, das Virus ernst zu nehmen.
Stephanie Krenmayer, eine Lehrerin, richtet sich strikt danach. Sie gehört zur Hochrisikogruppe und ist seit acht Monaten in Selbst-Isolation, daheim in Oberösterreich.
Es sind diese bewegenden Einzel-Schicksale, die für so viele unbekannte Geschichten in diesem Land stehen und zeigen, wie die Krise viele belastet.
Sarah Wiener hatte Corona: "Ein Anruf und mir geht die Luft aus"
ÖSTERREICH: Sie litten an Corona, wie schlimm war die Krankheit?
Sarah Wiener: Ich war nicht im Krankenhaus, ich musste nicht künstlich beatmet werden. Ich hatte geringe Symptome, allerdings auch untypische. Kein Fieber, kein Lungenbrennen, keine Kopfschmerzen. Aber ich habe etwas gehabt, und zwar eine unglaubliche Erschöpfung. Und einen trockenen Husten. Ich war so erschöpft, dass ich wochenlang wirklich nur vom Bett ins Sofa, vom Sofa ins Bett ging und mich schon der Anruf eines Freundes überfordert hätte. Das ist immer noch nicht ganz weggegangen. Ansteckend bin ich schon lange nicht mehr. Doch wir müssen auch über die langfristigen Folgen sprechen, die uns immer noch nicht ganz klar sind und die wirklich das Leben beeinflussen.
ÖSTERREICH: Das heißt, Sie leiden noch immer, obwohl das bei Ihnen wirklich schon ein paar Wochen zurückliegt? Sie leiden noch immer an den Nachwirkungen von Corona?
Wiener: Ja, ab und an. Ich bin nicht konzentriert, wenn ich länger rede. Ich merke, dass ich nicht so viele Termine machen kann. Ich habe mit Ärzten geredet, das kann noch ein halbes Jahr dauern. Das hoffe ich nicht, aber ich merke die Erschöpfung noch. Manchmal reicht ein Anruf und mir geht die Luft aus.
Stephanie Krenmayer (26): "Lebe seit 8 Monaten daheim in Isolation"
ÖSTERREICH: Sie sind seit 8 Monaten in Quarantäne?
Stephanie Krenmayer: Es ist keine Quarantäne, sondern eigentlich eine Isolierung zum Selbstschutz. Da ich vor 4,5 Jahren eine Doppellungentransplantation hatte, gehöre ich zur Hochrisikogruppe. Die Gefahr ist einfach zu groß, niemand weiß, wie mein Körper mit dem Virus umgehen würde.
ÖSTERREICH: Was vermissen Sie am meisten?
Krenmayer: Natürlich das „Unbesorgtsein“. Mich mit Freunden treffen, gemeinsam essen gehen. Das Vereinsleben, ich spiele gerne Tischtennis.
ÖSTERREICH: Wie verbringen Sie die Zeit in der Quarantäne? Haben Sie Tipps für andere?
Krenmayer: Ich habe die Chance bekommen für Homeoffice, bereite den Unterricht für meine Integrationskinder vor. Derzeit im Lockdown unterrichte ich sie via Videochat. Sonst bin ich viel bei meiner Familie und beschäftige mich mit meiner kleinen Hündin Kira, die ich seit März habe. Ich versuche, etwas Positives aus der ganzen Situation zu ziehen. Für einen Ausgleich und um auf andere Gedanken zu kommen, verbringe ich viel Zeit im Freien. Ich wünsche mir sehr, dass sich alle Leute an die Hygienevorgaben halten, auch aus Rücksicht auf Leute wie mich, einfach für alle, für die das Virus gefährlich werden kann.
Vanessa Jacobsen (20) ist Contact Tracerin
ÖSTERREICH: Wie ist die Arbeit als Contact Tracer?
Vanessa Jacobsen: Unser Team besteht aus etwa 30 Personen. In Oberösterreich gibt es viele Teams. Das Telefon klingelt dauernd. Neben dem Telefonieren speichern wir die erhobenen Daten für die zuständige Bezirkshauptmannschaft.
ÖSTERREICH: Was zählt?
Jacobsen: Geduld und Einfühlungsvermögen. Für manche ist unser Anruf ein Schock, andere verstehen nicht warum und wieso. Viele Kontaktpersonen reagieren jedoch gelassen. Wir sprechen einen Absonderungsbescheid aus und fragen die Person, ob sie auch Symptome hat.
Vorarlberger Intensivpflegerin erzählt: "Erschöpft und kaum Luft"
ÖSTERREICH: Wie ist die Arbeit in der Intensivstation?
Pflegerin: Meine Arbeit ist extrem anstrengend. Unter der eng anliegenden Maske bekomme ich kaum Luft. Wir tragen eine Schutzbrille und viele Schichten Kleidung. Nach einer Stunde schwitze ich schon und habe Kopfschmerzen.
ÖSTERREICH: Wie geht es den Patienten?
Pflegerin: Viele kommen mit großer Angst ins Krankenhaus. Sie können uns Pfleger nicht unterscheiden, mit der Schutzkleidung sehen wir alle gleich aus. Neben streng isolierten Covid-19-Patienten haben wir noch andere Intensivpatienten.