Coronavirus

Experte: Auf besseren Impfstoff warten macht keinen Sinn

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Florian Krammer hält fest: "Alle drei in Österreich verwendeten Impfstoffe schützen gegen den Großteil der in Österreich zirkulierenden Viren sehr gut"

In der Diskussion um die Wirksamkeit der in Österreich zugelassenen Corona-Impfstoffe - etwa gegen Mutationen - sind Experten um Beruhigung bemüht, vor allem auch gegenüber Kollegen der Ärzteschaft. "Alle drei in Österreich verwendeten Impfstoffe schützen gegen den Großteil der in Österreich zirkulierenden Viren sehr gut", sagte der Virologe Florian Krammer bei einer Online-Veranstaltung der Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT) am Donnerstagabend.
 
"Auf was 'Besseres' warten macht keinen Sinn. Wenn man kann, soll man sich mit den vorhandenen Impfstoffen impfen lassen", betonte der am New Yorker Mount Sinai Hospital in New York tätige Steirer. "Auch wenn die Effizienz gegen leichte und mittelschwere Infektionen reduziert ist, bleibt der Schutz gegen schwere Verläufe vermutlich aufrecht", sagte Krammer zu ersten Daten in Bezug auf die südafrikanische Mutation von SARS-CoV-2. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfehle nach wie vor auch die AstraZeneca-Impfung gegen diese B.1.351-Variante, betonte er.
 

Variante stoppen

Dennoch "sollte man alles versuchen, um diese Variante zu stoppen, aufgrund der reduzierten Effizienz, die man bei Impfstoffen sieht", sagte Krammer in Bezug auf Dutzende bestätigte Fälle der südafrikanischen Mutation in Tirol. Coronaviren mutieren eigentlich langsamer als andere RNA-Viren, erläuterte Krammer. Aber: "Um so mehr Fälle wir haben, um so mehr Freiheitsgrade bekommt das Virus, um auszuprobieren, was geht und was nicht geht." Weltweit gibt es mittlerweile offiziell 107 Millionen Infektionen, die eigentliche Zahl sei "aber vermutlich zehnfach höher".
 
"Wenn wir uns jetzt einschießen und sagen, 'der nächste Impfstoff muss besonders gut gegen die südafrikanische Variante wirken', dann ist das wahrscheinlich in drei Monaten wieder überholt", warnte auch Markus Zeitlinger, Vorstand der Universitätsklinik für klinische Pharmakologie der MedUni Wien. Daten zu einer geringen Wirksamkeit gegen leichte Covid-19-Fälle von AstraZeneca stammen aus einer kleinen Studie mit 2.000 jungen Menschen, "hier müssen wir sehr vorsichtig sein, was das betrifft", sagte er.
 
Biontech/Pfizer und Moderna hätten lediglich In-Vitro-Neutralisationstests in Bezug auf die südafrikanische Variante gemacht, "die zeigen uns, dass weniger gut neutralisiert wird, aber ausreichend", erläuterte Zeitlinger. Klinische Studien mit den mRNA-Vakzinen wurden in den USA durchgeführt, nicht wie bei AstraZeneca auch in Südafrika. Man wisse daher noch zu wenig. Mit plus/minus 70 Prozent Schutzrate gegen Covid-19 habe AstraZeneca die Anforderung der WHO und der europäischen Arzneimittelbehörde EMA jedenfalls erfüllt. Zudem gab es in den Studien keine schweren Erkrankungen unter den immunisierten Personen.
 

Höhere Effektivität

Auch Bedenken, wegen der Dauer von zwölf Wochen zwischen den beiden Teilimpfungen mit AstraZeneca lange nicht geschützt zu sein, trat Zeitlinger entgegen. Diese Dauer führe zu einer höheren Effektivität, dennoch sei drei Wochen nach der Erstimpfung bereits der gleiche Schutz gegeben. "Bei allen Impfstoffen wissen wir nichts über den Langzeitschutz, insbesondere nicht im Umfeld der Mutationen", sagte Zeitlinger, aber "alle Impfstoffe eignen sich als Grundimmunisierung".
 
Bei anderen, außerhalb von Österreich, zugelassenen Impfstoffen bestehen noch Bedenken wegen fehlender Studiendaten, berichtete Karl Zwiauer vom Nationalen Impfgremium. Er erwähnte sowohl chinesische Vakzine wie von Sionpharm sowie Sinovac, aber auch den russischen Impfstoff Sputnik V. Die Zulassung in Russland sei erfolgt, bevor die Phase-III-Studie überhaupt begonnen hat. Zudem hätten die nach der Zulassung publizierten Daten "sehr viele Ungereimtheiten" gezeigt und Vorwürfe von Experten ausgelöst. Die Antworten darauf aus Russland waren "sehr unbefriedigend", berichtete Zwiauer. "Wenn dieser Wirkstoff bei uns verwendet werden soll, braucht es zusätzliche Daten."
 
Vielversprechende Impfstoffe "in der Pipeline" kommen laut Zwiauer etwa von Johnson & Johnson, von dem bereits 200 Millionen Dosen für die EU bestellt wurden. Auch der Konzern Valneva ist unter österreichischer Mitwirkung auf einem Guten Weg. Möglicherweise werde die Phase-III-Studie auch mit österreichischen Probanden durchgeführt, die EU hat bereits 60 Millionen Dosen vorbestellt. Weitere Hoffnungen setzt Zwiauer in die Vakzine von Novavax und CureVac. Auch nasale Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 könnten es bis zu einer Zulassung schaffen, mit dem Vorteil, "dass sie auf den Schleimhäuten, schon an der Oberfläche wirken", so Zwiauer.
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