Coronavirus

Experte erklärt: Darum wäre Lockdown-Lockerung gefährlich

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Durch die britische Virusvariante sei eine neue Variable ins Spiel gekommen, so MedUni-Wien-Vizerektor Oswald Wagner. Ein Ende des Lockdowns oder eine Lockerung wäre "gefährlich".

Der Leiter des klinischen Instituts für Labormedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH), MedUni-Wien-Vizerektor Oswald Wagner hat vor einer frühzeitigen Lockdown-Lockerung gewarnt. Zum einen sei mit der wesentlich infektiöseren britischen Variante des Coronavirus eine neue Variable ins Spiel gekommen, zum anderen brauche es statt Alleingängen einen Gleichklang bei den Maßnahmen in Europa, sonst drohe ein "Pingpong-Effekt", führte Wagner im Gespräch mit der APA aus.

"Wäre gefährlich"

Beispielsweise würden viele europäische Nachbarländer wie etwa Deutschland oder Tschechien gerade den Lockdown verlängern und nicht lockern. Daher wäre es aus seiner Sicht "gefährlich", wenn Österreich in die andere Richtung ginge und womöglich die "Quelle neuer Infektionen" darstelle, so Wagner, der in diesem Zusammenhang auf die Initiative "Contain Covid-19" verwies. Diese wurde von der Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann angestoßen und werde von zahlreichen europäischen Experten und Wissenschaftern unterstützt, die ein synchronisiertes Vorgehen aller europäischen Länder fordern, um das Virus einzudämmen bzw. ein immer neues Einschleppen ("Pingpong-Effekt") zu vermeiden.

Indizien für stärkere Ausbreitung der Briten-Mutation in Österreich

Auch gebe es eine Reihe von Indizien, dass sich die britische Variante des Virus bereits stärker ausgebreitet haben dürfte als bisher angenommen. Labor-Hinweise legten nahe, dass es deutlich mehr Fälle der B.1.1.7.-Variante gebe, was aus Wagners Sicht auch nicht verwunderlich wäre, wurden doch etwa im Nachbarland Slowakei bei 15 Prozent der Infizierten die britische Variante nachgewiesen. Bis Mitte kommender Woche werde es dauern, bis die heute bei einer Stichprobe entdeckten Verdachtsfälle im Zentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften sequenziert und bestätigt sind. Sollte sich der Verbreitungsgrad in Österreich tatsächlich ähnlich wie in der Slowakei verhalten, dann sei es "eine Frage von zwei Wochen", bis sich die britische Variante hierzulande durchgesetzt habe.

"7-Tages-Inzidenz muss im besten Fall auf 25 gedrückt werden"

Sollte die britische Variante tatsächlich schon weiter fortgeschritten sein, dann müsse die Sieben-Tages-Inzidenz durch einen massiven Lockdown von derzeit rund 150 auf "deutlich" unter 50, am besten auf 20 bis 25 gedrückt werden, bevor an Lockerungsschritte gedacht werden kann. Dass sich diese derzeit auf dem Niveau von 150 eingependelt habe und nicht weiter sinke, könne verschiedene Gründe haben. Etwa, dass sich die Bevölkerung nicht mehr so strikt an die Maßnahmen halte, oder das Virus wurde infektiöser. Letzteres könnte auch daraufhin deuten, dass sich die britische Variante bereits stark verbreitet habe.

FFP2-Maskenpflicht und erweiterte Abstandsregeln

Öffnungsschritte kann sich Wagner - sollte es die Sieben-Tages-Inzidenz erlauben - nur mit strikten Maßnahmen vorstellen. Etwa einer FFP2-Masken-Pflicht in geschlossenen Räumen, wenn sich mehr als eine Person darin aufhält. Die Abstandsregel müsse auf zwei Meter ausgedehnt werden und die Bevölkerung müsse wöchentlich mit Schnelltests durchgetestet werden, so Oswald Wagner: "Investitionen in Schnelltests und FFP2-Masken sind billiger als jeder weitere Tag Lockdown."

Er sei ein "massiver Verfechter der Eradikations-Strategie", also des Versuchs der kompletten Auslöschung des Virus: "Mit dem Virus leben lernen" habe als Strategie nicht nur aus medizinischer, sondern auch wirtschaftlicher Sicht katastrophal versagt. Das zeige auch ein Vergleich der ökonomischen Entwicklung mit asiatischen Ländern und Australien. Lichtblick sei die "völlig sichere und erstaunlich effektive Impfung", denn damit könnten in den nächsten Monaten vulnerable Gruppen und à la longue alle jene, die sich impfen lassen, komplett geschützt werden.
 

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