Coronavirus

Nach Streit: Minister lässt Schulen offen

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Der Druck auf den Bildungsminister steigt, doch der will die Schulen nicht schließen. 

Wien. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) steht in Sachen Schulschließungen unter Druck. Salzburgs ÖVP-Landeshauptmann Haslauer wollte die Schulen vergangene Woche schließen, Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kritisierte in der Presse, dass die Schulfrage vom Infektionsgeschehen „entkoppelt“ werde. Schülervertreter warfen Faßmann gleich vor, er lasse die „Durchseuchung“ der Schüler zu.

7-Tages-Inzidenz bereits bei 2.200. Tatsächlich sind die Infektionszahlen in den Schulen enorm hoch – die 7-Tages-Inzidenz der 6- bis 14-Jährigen liegt aktuell bei 2.200. Das heißt: Unter 100 Kindern sind bereits zwei mit Corona infiziert.

Doch diesmal hat sich der ÖVP-Politiker trotz dieser Zahlen durchgesetzt – und auch im ÖSTERREICH-Interview bleibt Faßmann dabei: Dass er mit Rücktritt gedroht habe, sei zwar ein Gerücht – doch Schulschließungen kämen zumindest derzeit nicht infrage. Faßmanns Argument: Die Kinder hätten unter den ersten drei Lockdowns schon genug gelitten (siehe Interview).

Faßmann spielt den Ball zu Mückstein

Im Abwasser. Spannend: Faßmann gab zu, dass man in den Abwassertests die vierte Welle bereits habe sehen können. Den Ball spielt Faßmann ins Gesundheitsministerium von Wolfgang Mückstein. Die Corona-Kommission habe sie gehabt – soll wohl heißen: Sie hätte reagieren müssen. 

Minister Faßmann im ÖSTERREICH-Interview 

"Wir müssen Schließung von Schulen vermeiden"

ÖSTERREICH: Die Schulen bleiben offen, entscheiden müssen die Eltern. Können Sie sich eine Situation vorstellen, in der auch die Schulen in den Lockdown müssen?

HEINZ FASSMANN: Wir hatten bereits dreimal die Situation, dass die Schulen auf Distance Learning umgestellt werden mussten – mit allen bekannten Folgen. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass die Schulen in der jetzigen Situation offen bleiben für alle, die sie brauchen.

ÖSTERREICH: Einige Schülervertreter werfen Ihnen vor, Kinder zu „durchseuchen“. Was antworten Sie ihnen?

FASSMANN: Wäre das tatsächlich mein Plan, dann könnte ich mir alle Maßnahmen von PCR-Tests, Masken bis hin zur Abwasseranalyse sparen. Die Infek­tionszahlen sind hoch, das nehme ich auch sehr ernst. Deswegen ziehen wir bei den Maßnahmen auch noch einmal an. Die Kinder werden nun ab dem 2. positiven Fall in einer Klasse automatisch in Distance Learning geschickt. Zusätzlich führen wir in den Ländern, wo es die Kapazitäten möglich machen, einen zweiten PCR-Test in der Woche ein.

ÖSTERREICH: Man hat den Eindruck, die Debatte um Schulschließungen ist eine Art Glaubenskrieg geworden. Warum ist das so?

FASSMANN: Für mich war es das nie. Das Thema ist aber hochemotional. Meine Aufgabe ist es, mit kühlem Kopf im Sinne der Kinder die Balance zwischen Gesundheitsschutz und dem Recht auf Bildung zu finden.

ÖSTERREICH: Sie sollen bei der Debatte mit Länderchefs, die schließen wollten, mit Rücktritt gedroht haben.

FASSMANN: Das Gerücht kenne ich nur aus Medien.

ÖSTERREICH: Ist die Frage der offenen Schulen für Sie so wichtig, dass Sie sagen würden: Mit mir gibt es keine Schulschließungen?

FASSMANN: Offene Schulen sind mir ausgesprochen wichtig, gar keine Frage. Kinder haben bereits einen hohen Preis zahlen müssen, um ältere Menschen zu schützen. Wir alle kennen die Folgen der Schulschließungen: Öffnen der Bildungsschere, Auswirkungen auf die Bildungslaufbahn, psychosoziale Folgen … Das gilt es diesmal zu vermeiden.

ÖSTERREICH: Sie haben selbst Corona-Abwasser-Tests eingeführt – haben diese Tests denn nicht rechtzeitig angeschlagen?

FASSMANN: Die Abwasseranalyse zeigt Trends an. So wie jetzt die Kurve auf eine leichte Entspannung hindeutet, sah man auch das anziehende Infektionsgeschehen davor in den Ländern. Die Daten werden jede Woche der Corona-Kommission vorgelegt und sind eine der Grundlagen für die Entscheidungsfindung. 

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