Coronavirus

Neandertaler-Gene erhöhen Risiko für schwere Corona-Erkrankung

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Vorpublikation von deutschen Evolutions-Anthropologen.

Leipzig. Ein von Neandertalern vererbter Erbgutabschnitt erhöht das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf von Covid-19. Zu diesem Ergebnis kommen Hugo Zeberg und Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Die Studie liegt derzeit aber nur als Vorab-Publiktion auf dem Preprint-Server bioRxiv ohne Begutachtung durch andere Wissenschafter (Peer Review).

Einige Bevölkerungsgruppen tragen einen hohen Anteil dieses sogenannten Haplotyps und sind damit unter Umständen besonders gefährdet, schwer am Coronavirus zu erkranken. Bei den genetischen Merkmalen (Haplotyp) handelt es sich um einen Abschnitt auf dem Chromosom Nummer 3 des menschlichen Genoms, welcher sechs Gene kodiert und immer als gesamter Abschnitt vererbt wird. Es handelt sich um einen Genomabschnitt von rund 49.000 Basen. Laut den Wissenschaftern könnte diese Erbinformation vor 40.000 bis 60.000 Jahren in die DNA des modernen Menschen gekommen sein.
 
Die Vermischung zwischen Neandertaler und Homo sapiens hat bis heute Spuren hinterlassen. Sie wurde bereits vor Jahren von Svante Pääbo und seinen Mitarbeitern nachgewiesen. Demnach tragen Menschen mit Wurzeln außerhalb Afrikas noch immer zwischen einem und drei Prozent Neandertaler-DNA in sich.

Auswertung anhand von Patientendaten aus Italien und Spanien

Anfang Juni berichtete bereits ein Team aus europäischen Wissenschaftern bei einer umfangreichen Auswertung anhand von Patientendaten aus Italien und Spanien, dass zwei Genabschnitte mit einem schweren Verlauf von Covid-19 assoziiert seien: der Genabschnitt auf Chromosom 3 und ein Abschnitt, der für die Ausbildung der Blutgruppe verantwortlich ist. Dieses Ergebnis konnte nun für den Abschnitt auf Chromosom 3 von den Max-Planck-Forschern bestätigt werden, der Zusammenhang zur Erbgutstelle für die Blutgruppe allerdings nicht.
 
Welche Gene dieses Erbgutabschnittes allerdings dafür verantwortlich sind, dass die Krankheit sich besser manifestieren kann, ist noch nicht bekannt. Des weiteren gilt zu klären, weshalb dieser Haplotyp in einigen Bevölkerungsgruppen weiter vererbt wird und welcher evolutionäre Vorteil sich dahinter verbirgt, sonst hätte er ja keine Verbreitung im Rahmen der Menschheitsgeschichte erlebt.
 
Laut den Autoren tragen in Europa acht Prozent der Menschen diesen Erbgutabschnitt, in Afrika sei er gar nicht vertreten. Am weitesten verbreitet sei der Haplotyp in Südasien; dort sollen es immerhin 30 Prozent der Bevölkerung sein. In Bangladesch ist dieses Merkmal mit 63 Prozent der Menschen als Träger am häufigsten zu finden.
 
"Derzeit ist nicht bekannt, welche spezifische Region der Neandertaler-DNA für ein Risiko für einen Covid-19-Verlauf verantwortlich ist und ob das auf das neue Coronavirus beschränkt ist oder auch für andere Krankheitserreger gilt. (...) Jedenfalls ist es klar, dass der Genfluss von Neandertalern (in Richtung Homo sapiens sapiens; Anm.) in der gegenwärtigen Pandemie tragische Konsequenzen hat", schrieben Pääbo in der Vorauspublikation ihrer Arbeit.
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