Abklärung durch die Behörde bei Angehörigen von Risikogruppen - Infusion oder Oralmedikament möglich
Wien setzt bei der Behandlung von Covid-19 auf eine neue, zusätzliche Strategie: Personen, die möglicherweise einer Risikogruppe angehören und die mit dem Virus infiziert sind, werden vom Gesundheitsdienst (MA 15) aktiv kontaktiert. Dort wird abgeklärt, ob ein Einsatz spezieller Medikamente möglich bzw. nötig ist. Die Gefahr eines schweren Verlauf soll damit reduziert werden. Die Verabreichung erfolgt mittels Infusion oder durch orale Einnahme.
Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), der Direktor des städtischen Gesundheitsverbunds, Michael Binder, Landessanitätsdirektorin Ursula Karnthaler und Florentin Glötzl, der im Gesundheitsverbund für die Abwicklung zuständig ist, erläuterten am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten das Konzept. Dieses sieht sogar vor, Personen, die nicht infiziert sind, entsprechend zu behandeln. Menschen, die etwa aufgrund von Erkrankungen schwer immunsupprimiert sind, dass sie trotz Impfung keine Antikörper bilden können, sind dabei die Zielgruppe.
Nur Medikament reicht nicht
Ein Ersatz für die Impfung sei der Einsatz der Medikamente aber keinesfalls, wurde heute versichert. Ziel sei es, dass die Therapie künftig auch über den niedergelassenen Bereich erfolgt. Derzeit sind die betreffenden Medikamente Sotrovimab und Molnupiravir (mit den Markennamen Xevudy und Lagevrio, Anm.), die zentral über den Bund eingekauft werden, aber noch nicht frei verfügbar.
Sotrovimab ist ein sogenannter monoklonaler Antikörper, der das Virus daran hindert, in Körperzellen einzudringen. Das Risiko für einen schweren Verlauf könne damit um rund 80 Prozent gesenkt werden, heißt es. Die Patientinnen und Patienten werden, wenn eine Anwendung empfohlen wird, in die Infusionsambulanz in der Klinik Favoriten gebracht. Molnupiravir reduziert wiederum die Vermehrung der Viren im Körper und kommt via Botendienst nach Hause, da das Medikament auch allein eingenommen werden kann. Dieses Präparat konnte laut Studien das Risiko für Spitalsaufnahme oder gar Tod um rund ein Drittel reduzieren.
Das Projekt ist bereits gestartet, in der Ambulanz wurden bisher 159 Patienten in einer frühen Infektionsphase betreut. Das Oralmedikament wurde schon 112 Betroffenen zugestellt. Unerwünschte Nebenwirkungen sind bei der Einnahme nicht ausgeschlossen, gravierendere Fälle wie etwa allergische Reaktionen sind aber noch nicht aufgetreten, wie heute berichtet wurde. Molnupiravir ist - anders als Sotrovimab - noch nicht von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zuglassen, es liegt jedoch eine Genehmigung für die Verwendung vor diesem offiziellen Schritt vor.
Aktuell können täglich rund 1.000 telemedizinische Aufklärungsgespräche mit Personen geführt werden, die bei der Behörde als positiv gemeldet werden. Der Gesundheitsdienst richtet sich dabei zunächst nach dem Alter des Infizierten. Kontaktiert werden in erster Linie Menschen ab 50. In weiterer Folge wird erfragt, ob Übergewicht oder spezielle Erkrankungen vorliegen. Auch für die Entscheidung, welches der beiden Medikamente zum Einsatz kommen, gibt es Kriterien. Bei Molnupiravir sind etwa Schwangere und stillende Mütter ausgeschlossen.
In ausgewählten Fällen wird sogar eine präventive Behandlung empfohlen. Hochrisikopatienten, die keine Antikörper bilden können, haben die Möglichkeit, sich - da davon auszugehen ist, dass sie ohnehin Kontakt zu einem Spital haben - an ihre behandelnden Abteilungen wenden. Diese klärt dann ab, ob eine Eignung für Prophylaxe besteht. Möglich ist dies etwa für Personen, die eine Organtransplantation hinter sich haben. Auch bei einigen Krebstherapien kann das Medikament aus Sicherheitsgründen bereits vor einer Infektion eingesetzt werden.