Von Achselterror bis Z-Promi ist im Szenewörterbuch alles enthalten
Mehr als 1.200 angesagte Ausdrücke sind in den vergangenen Wochen auf einer eigens eingerichteten Internetseite (Szenesprache), einem sogenannten Wiki, eingetragen worden. "BTW" (By the way, also übrigens - ein "Übrigens", das beiläufig tut, aber wichtig ist): Die Duden-Redaktion und das Hamburger Trendbüro haben daraus jetzt Begriffe für ihr "Neues Wörterbuch der Szenesprachen" ausgesucht. Ab Herbst können Leser damit ihren "Denkmuskel" (das Gehirn) "beschlauen". Auch online ist die Lektüre bereits voll "porno" (interessant, geil, fett). Das Erbebnis: Von A wie "Achselterror" (Schweiß unterm Arm) bis Z wie "Z-Promi" (fast unbekanntes Sternchen) sind alle erdenklichen Wortkreationen enthalten.
Start im Jahr 2000
Im Jahr 2000 gab es einen ersten
Szenesprachen-Duden. Das ist also schon ewig her, wenn man in Kategorien von "In"
und "Out" denkt und ein echtes "Modeopfer" (fast
krankhaft trendy) ist. Das Werk war ein echter "Pageturner" (ein
spannendes Buch). Und auch wenn sich der damalige Bestseller noch gar nicht
so "wack" (Hip-Hop-Deutsch: schlecht) liest: Eine Neuausgabe ist
überfällig. Seit der Jahrtausendwende hat sich schließlich viel getan.
Viele neue Wörter
Unter den Vorschlägen für die
2009er-Ausgabe finden sich Wörter, die vor neun Jahren noch gar nicht
möglich waren. Beispiele: "Blogorhö" (unkontrollierte,
durchfallartige Geschwätzigkeit im Internet - wie Diarrhö; neuerdings auch: "Twitterhö")
oder aber "Castingopfer" (Menschen, die zum "Fremdschämen"
schlecht singen und sich trotzdem bei TV-Castingshows wie "Deutschland
sucht den Superstar" bewerben und blamieren). Auch ohne Zusatz hat das
Wort "Opfer" in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Karriere
gemacht. Teenager-Dialog in der Straßenbahn einer deutschen Großstadt: "Gehst
Du heute Training?" - "Nein, ich schaff's nicht." - "Du
bist ja opfer." Das Wort bedeutet so viel wie "mies" oder "extrem
schlecht". Es wird also nicht mehr nur als Substantiv, sondern auch als
Adjektiv verwendet.
Keine Jugendsprache
"In unserem
Buch geht es nicht nur um Jugendsprache. Wir wollen Wortschöpfungen aus
vielen verschiedenen Bereichen und Communitys abbilden", betont der
Soziologe und Redaktionsleiter beim Trendbüro, Dirk Bathen. In den letzten
Jahren seien vor allem viele technische Begriffe neu entstanden:
Beispielsweise "Youtuben", "Twittern", "Egogoogeln"
(selbstvergewissernde Suche nach sich selbst im Internet) oder aber "Cyberstalking"
(Recherchieren von anderen Personen im Internet, um mehr über sie zu
erfahren).
Neue Trends
Außerdem im Trend laut Bathen:
sogenannte Kofferwörter, zusammengezogene Begriffe wie etwa "Smirting"
(das Flirten unter Rauchern - seit "Smoker" wegen der strengeren
Gesetze ins Freie müssen), "smexy" (gemorphed aus "smart"
und "sexy"), "Crackberry" (Crack und Blackberry
verschmelzen zu der Sucht, ständig erreichbar zu sein) oder aber "Bankster"
(Mischung aus Banker und Gangster - im Zuge der Finanzkrise ein Wort für
Banker, die moralisch schlecht handeln).
Nicht ins Buch, sondern nur auf die Homepage geschafft hat es hingegen "Bionade-Biedermeier" - ein Begriff dafür, dass Szene-Viertel wie Berlin-Prenzlauer Berg oder Hamburgs Schanzenviertel zunehmend kommerzialisiert werden und verspießern, wie die Wochenzeitung "Die Zeit" einst eindrucksvoll beschrieb. An all diesen Wörtern merkt man, wie schnelllebig die Zeit und wie alt man selbst ist. Kommt man mit? Versteht man die Gedanken hinter den Begriffen? Oder ist man sprachlich ein "Vollhorst" (Idiot)? "Overchicked" zum Beispiel ist ein unattraktiver Mann ("Hässlo") mit einer hübschen Freundin. "Augenkrebs" bekommt man, wenn man hässliche Sachen und Kleider sieht. Die "Biobreak" ist ein neues Wort für Pinkelpause, "random" ist hingegen alles, was beliebig ist. Neuere Umschreibungen fürs Tanzen sind "bouncen" (hüpfen) und "abspacken" (ungelenk bewegen). Am Schreibtisch nebenbei zu essen, statt in Ruhe etwas zu speisen, heißt "Deskfood". Und der Zustand, wenn man "schmacko" (lecker) zu Mittag essen war und dann müde im Meeting sitzt, ist das "Suppenkoma".
Kriterien
"Das zentrale Kriterium war, dass die etwa 700
bis 1000 Wörter, die wir ins Buch aufnehmen, einerseits tatsächlich
verbreitet sind, andererseits aber noch nicht in traditionellen
Wörterbüchern verzeichnet sind", sagt Dr. Matthias Wermke,
der Leiter der Duden-Redaktion. Das neue Wörterbuch solle Wörter erklären, "die
breiten Kreisen der Sprachgemeinde wirklich neu sind". Altbackene
Begriffe sollen also tabu sein - ein absolutes "NoGo".