Super-GAU rückt näher

Android-Aus: Huawei weiter planlos

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IT-Riese weiß nach wie vor nicht, wie es nach den Sanktionen weitergehen soll - User verunsichert.

Huawei  stellt sich auf harte Zeiten durch die weitreichenden US-Sanktionen ein. Der chinesische Konzern müsse im zweiten Halbjahr noch viele Löcher stopfen und dafür massiv investieren, sagte Verwaltungsratschef Liang Hua. In der ersten Jahreshälfte wuchs der Umsatz des Mobilfunk-Ausrüsters und Smartphone-Anbieters noch deutlich. Das Unternehmen macht aber keine konkreten Angaben dazu, wie stark das Geschäft zuletzt durch die US-Sanktionen bereits gelitten hat.
 

Schonfrist läuft ab

Huawei war von US-Präsident Donald Trump Mitte Mai unter Hinweis auf Sicherheitsbedenken auf eine schwarze Liste gesetzt worden. Damit wurde dem Unternehmen der Zugang zu Technologie von US-Konzernen und dem amerikanischen Markt weitgehend versperrt. Die Aussicht, dass Huawei-Smartphones keine Updates des Android-Betriebssystems von Google mehr bekommen, erschwerte auch die Verkäufe unter anderem in Europa. Die Android-Sperre wurde über eine Schonfrist zunächst bis 19. August 2019 ausgesetzt. Diese läuft bald aus, was viele Besitzer und potenzielle Käufer von Huawei-Handys natürlich massiv verunsichert.
 
 

Noch kein Plan B zu Android

Doch Huawei weiß weiterhin nicht, ob die nächsten Top-Modelle seiner Smartphones mit Android und Zugang zum Play Store sowei Google-Apps wie Maps, YouTube oder GMail ausgeliefert werden können. Auch andere US-App-Anbieter wie Facebook (inklusive WhatsApp, Instagram & Messenger), Microsoft (Skype, Office, LinkedIn), Snapchat oder Twitter könnten den Chinesen den Zugang verwehren. Huawei wolle definitiv weiterhin Android nutzen, das hänge aber von der US-Regierung ab, sagte Liang Hua. Zugleich bekräftigte er, dass Huawei sich in der Lage sehe, ein alternatives Betriebssystem und eine eigene App-Infrastruktur zu etablieren. Diesbezüglich gibt es jedoch große Zweifel. 
 

Cloud statt Betriebssystem?

Zuletzt wurde nämlich bekannt, dass  das eigene Betriebssystem , das unter dem Codenamen "HongMeng" entwickelt wird und in Europa "Harmony" heißen wird, auf einer Software basiert, die Huawei ursprünglich für vernetzte Geräte im sogenannten Internet der Dinge entworfen hatte. Für mobile Geräte wie Top-Smartphones oder -Tablets ist es hingegen nicht allzu gut geeignet. In China soll aber noch heuer ein Billig-Handy auf den Markt kommen, das mit "HongMeng" läuft, berichtet die staatliche chinesische Zeitung Global Times. Mit einigen Adaptierungen könne es aber auch Smartphones antreiben, als Android-Ersatz gelte es jedoch nicht. Huawei geht davon aus, dass in Zukunft das Betriebssystem auf dem Smartphone an Bedeutung verlieren wird und viele Funktionen Cloud-Rechner in Kombination mit schnellen Netzen übernehmen werden. Man glaube nicht, dass auf Dauer ein separates Betriebssystem für Smartphones noch notwendig sei, sagte der Vizechef des Deutschland-Geschäfts, David Wang.
 
 

Smartphone-Verkäufe

Huawei setzte im ersten Halbjahr nach eigenen Angaben 118 Millionen Smartphones ab, das waren 24 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das Wachstum dürfte zu einem großen Teil vom Heimatmarkt getragen worden sein. Nach Berechnungen der Analysefirma Canalys erreichte Huawei im zweiten Quartal in China einen Rekord-Marktanteil von 38 Prozent. Dort sei der Smartphone-Absatz der Firma in dieser Zeit um 31 Prozent auf 37,3 Millionen Geräte gestiegen. Dazu habe auch eine patriotische Stimmung angesichts der US-Sanktionen beigetragen.
 
In Europa sei der Absatz nach Bekanntgabe der US-Sanktionen Mitte Mai "stark" abgesackt, weil die Verbraucher verunsichert gewesen seien, sagte Wang. Inzwischen hätten die Verkäufe wieder mehr als 80 Prozent des vorherigen Volumens erreicht. Die Android-Sperre war von der US-Regierung zunächst bis 19. August ausgesetzt worden, wie es weitergeht, ist unklar. Huawei verspricht zugleich, Nutzer weiter  mit Updates zu versorgen . Für das neue Flaggschiff-Modell Mate 30, das im Herbst vorgestellt werden soll, soll sich Huawei bereits eine Android-Lizenz gesichert haben.
 
 

Umsatz stark gestiegen

Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz im Jahresvergleich um gut 23 Prozent auf 401,3 Mrd. Yuan (52,33 Mrd. Euro). Liang Hua gab auch auf Anfrage keine Prognose für das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte ab. Er zeigte sich aber betont trotzig: "Wir werden weiter für unser Überleben kämpfen." Huawei werde auch in die Zukunft investieren. Zu Beginn seiner Präsentationen wurde ein Foto eines alten Kampfflugzeugs eingeblendet, dass trotz Einschusslöchern in den Tragflächen in der Luft bleibt.
 
 

Bei 5G-Ausbau auf Kurs

Auf das Geschäft mit Technik für den kommenden superschnellen 5G-Datenfunk hatten die US-Sanktionen nach Darstellung von Huawei keine erheblichen Auswirkungen. So habe man seit Mitte Mai elf Aufträge für die  Ausrüstung von 5G-Netzen  bekommen. Huawei gilt als ein führender Anbieter von Technologie für 5G-Mobilfunk-Netze, die in den kommenden Jahren in großem Stil rund um die Welt entstehen werden. Allerdings gibt es auch in Europa Debatten darüber, ob der Konzern wegen Sicherheitsbedenken vom 5G-Netzaufbau ausgeschlossen werden sollte. Gewarnt wird unter anderem vor einer Nähe von Huawei zu chinesischen Behörden sowie der Möglichkeit von Sabotage im Fall eines Konflikts. Huawei wies die Vorwürfe stets zurück.
 
 
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