Ein Empfehlungssystem analysiert Vorlieben der User und schlägt Musik, Filme und Serien je nach Geschmacksprofil vor.
Das vom Österreicher Martin Stiksel mitbegründete und im Vorjahr für fast 300 Mio. Dollar (207 Mio. Euro) an den US-Medienriesen CBS verkaufte Web 2.0-Portal "Last.fm" will sein Angebot kontinuierlich ausbauen. "Ich kann mir eine Erweiterung auf Videos, Serien und Filme durchaus vorstellen", erklärte Stiksel.
Geschmacksprofil für Musik-Tipps
Das bei Musik anscheinend
sehr erfolgreiche Bewertungs- und Empfehlungssystem erstellt aufgrund der
eigenen Liedersammlung ein persönliches "Geschmacksprofil". Es registriert,
was man sich anhört und "lernt", was einem gefällt. Darauf aufbauend werden
entsprechend individualisierte Radiosender, Songs und Konzerttipps
angeboten. Außerdem vernetzt das Internetportal die User mit musikalisch
gleich gesinnten Personen. Nun plant das Unternehmen eine Ausweitung auf
zusätzliche Formate.
"Wir werden unser System auch für andere Dienste nutzen und wollen die persönlichen Medienprofile weiter ausbauen", so Stiksel. Die Idee dahinter: Wer bei Musik auf der gleichen Wellenlänge liegt, hat möglicherweise auch bei Videos, Serien oder Filmen denselben Geschmack. Musik-Videos, eine Konzert- und Eventplattform sowie Blogs und Biographien sind bereits integriert worden, angedacht ist zudem eine weitere Personalisierung des Portals. "Die Musik-Videos könnten dabei eine Brücke zu anderen Inhalten darstellen", sagte der gebürtige Oberösterreicher, der die Online-Community im Jahr 2002 gemeinsam mit zwei Kollegen in London gestartet hat.
Millionendeal
Im Mai 2007 verkauften die Gründer Last.fm für 280
Millionen US-Dollar an den Medienriesen CBS. Weitere 40 Millionen sollen
abhängig von der weiteren Geschäftsentwicklung gezahlt werden. Teil der
Vereinbarung war, dass Felix Miller (Deutschland), Martin Stiksel
(Österreich) und Richard Jones (UK) das Unternehmen weiter leiten. Kurz nach
Abschluss des Deals gab Last.fm außerdem eine Kooperation mit Sony BMG Music
Entertainment bekannt, durch die den Usern der komplette Song-Katalog des
Major Labels zur Verfügung gestellt wurde.
"Der Deal mit CBS hilft uns sowohl bei den Plattenfirmen, den Verwertungsgesellschaften als auch beim Finden fähiger Mitarbeiter. Außerdem war es natürlich eine befreiende Erfahrung, weil die Zukunft der Firma dadurch abgesichert ist. Jetzt haben wir wieder Ressourcen, um das anzugehen, was auf die lange Bank geschoben wurde", sagte Stiksel.
Zweistelliges Wachstum
Zum Zeitpunkt des Verkaufs hatte Last.fm
mehr als 20 Mio. Nutzer. Seitdem weise das Unternehmen monatlich
zweistellige Wachstumsraten auf. Ob das Portal inzwischen schwarze Zahlen
schreibt, wollte Stiksel nicht kommentieren. Nur soviel: "Es ist immer das
Geschäft immer Vordergrund gestanden." Das Unternehmen beschäftigt aktuell
rund 70 Mitarbeiter und finanziert sich laut den Angaben vor allem über
Online-Werbung, Musik-Downloads und Konzerttickets.
Die User der Plattform, die vor kurzem auf der Berliner "Web 2.0 Expo" vom Branchenexperten Tim O'Reilly als Vorzeigebeispiel hervorgehoben wurde, kommen zu einem großen Teil aus den USA, Großbritannien, Deutschland und Japan. Aber auch Skandinavier oder Polen seien stark vertreten. Jüngere Personen würden eher die sozialen Funktionen nutzen, ältere vor allem Musik hören oder die Biographien durchforsten. Das Geschlechterverhältnis sei inzwischen "ziemlich ausgeglichen".