Bann verlängert; Ex-Präsident nutzt Lücke

So umgeht Donald Trump die Social-Media-Sperren

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Aufsichtsgremium verlängerte Bann - Ex-Präsident hat sich dagegen etwas einfallen lassen.

Der frühere US-Präsident Donald Trump bleibt bei Facebook gesperrt. Nach  monatelangen Prüfungen entschied das unabhängige Aufsichtsgremium  des US-Konzerns, dem Republikaner bleibe der Zugriff auf unbestimmte Zeit verwehrt. Trump bekommt aber noch eine Chance, auf die Plattform zurückzukehren. Facebooks unabhängiges Aufsichtsgremium wies das Online-Netzwerk an, den Fall binnen sechs Monaten noch einmal zu prüfen. Trump hat jedoch einen Weg gefunden, wie er die Sperre umgehen kann - auch jene von Twitter.

"Oberstes Gericht" von Facebook 

Der Schritt dürfte weltweit für Aufsehen sorgen, weil er als Hinweis darauf gilt, wie Facebook künftig mit Staats- und Regierungschefs wie dem oberstem politischen und religiösen Führer Ayatollah Ali Khamenei oder Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro verfährt. Trumps Mitgliederkonten waren im Jänner von Facebook wie auch Twitter und Snap nach dem Sturm auf das Kapitol von Trump-Anhängern gesperrt worden. Die Reaktionen reichten damals von Zensurvorwürfen bis zu Aufforderungen, künftig noch stärker einzugreifen.

Das  Gremium mit dem Namen Oversight Board  befand am Mittwoch, dass die Sperrung des damaligen Staatschefs "bis auf Weiteres" kein angemessener Schritt gewesen sei. Facebook solle den Sachverhalt noch einmal auf den Prüfstand stellen - und eine angemessene Strafe festlegen, gemäß den Regeln, die auch für andere Nutzer der Plättform gelten. Bei dem Online-Netzwerk sind als Strafmaßnahmen die Löschung einzelner Inhalte, zeitweise Sperrungen oder die dauerhafte Verbannung vorgesehen.

Das Gremium besteht aus Rechtsexperten, Aktivisten und ehemaligen Politikern und ist eine Art "Oberstes Gericht" von Facebook, dessen Beschlüsse auch Gründer und Chef Mark Zuckerberg nicht überstimmen kann. Trump spannt inzwischen seine Anhänger ein, um seine Ansichten bei den großen Online-Diensten zu verbreiten. Das Oversight Board stellte zugleich in Frage, ob es sinnvoll ist, Ausnahmen von den Regeln für führende Politiker zu machen - wie Facebook es in den vergangenen Jahren bei Trump tat. Gegen alle Nutzer, von denen Gefahr ausgehe, müsse gleichermaßen vorgegangen werden.

Sturm aufs US-Kapitol als Auslöser

Facebook, Twitter und Youtube hatten Trump im Jänner kurz vor dem Ende seiner Amtszeit gesperrt. Auslöser war die Erstürmung des US-Kapitols durch seine Anhänger - und dass er Sympathie für die Angreifer bekundete. Außerdem behauptete er wochenlang ohne jegliche Belege, dass ihm der Sieg bei der Präsidentenwahl im November durch Betrug gestohlen worden sei. Er heizte damit die Spannungen an. Seine Behauptungen zur Wahl hat Trump bis heute nicht zurückgenommen.

Twitter betonte bereits, dass es für Trump keinen direkten Weg zurück auf die Plattform gebe. Googles Videoplattform Youtube will hingegen sein Profil entsperren, wenn "das Risiko von Gewalt gesunken ist". Nach der Verbannung von den Online-Diensten war Trump in den vergangenen Monaten darauf angewiesen, Stellungnahmen per E-Mail zu verschicken. Davor war der Twitter-Account mit mehr als 80 Millionen Abonnenten sein mit Abstand wichtigster Kommunikationskanal.

Das Weiße Haus hob in einer ersten Reaktion die Verantwortung sozialer Medien für die Verbreitung von Fehlinformationen hervor. US-Präsident Joe Biden sei der Ansicht, dass die sozialen Medien mehr dafür tun müssten, dass Miss- und Fehlinformationen sowie "schädliche, manchmal lebensbedrohliche Informationen" nicht die amerikanische Öffentlichkeit erreichten, sagte Präsidentensprecherin Jen Psaki. Die Zukunft Trumps auf Plattformen wie Facebook oder Twitter wollte sie explizit nicht kommentieren. Es liege an dem Unternehmen, den Fall in den kommenden sechs Monaten noch einmal zu prüfen, sagte sie.

Trump zog in einer ersten Reaktion über die Plattformen her. Das Vorgehen von Facebook, Twitter und Google sei eine Schande. Dem US-Präsidenten sei seine Redefreiheit genommen worden. Die "korrupten Social-Media-Unternehmen" müssten einen politischen Preis bezahlen.

Trump ist nach wie vor bei vielen Wählern der Republikaner beliebt - und das sichert ihm weiterhin erheblichen Einfluss in der Partei. Zugleich sanken seine Möglichkeiten, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, mit den Sperren bei den Online-Diensten drastisch.

So umgeht Trump die Sperre

Schon am Tag vor der Facebook-Entscheidung traf Trump Vorkehrungen, um seine Ansichten doch noch zu Twitter und Facebook zu bringen. Er startete einen Blog-Bereich auf seiner Website - aus dem die einzelnen Beiträge auch bei den beiden Diensten geteilt werden können.

Ein Twitter-Sprecher sagte am Mittwoch, es sei grundsätzlich erlaubt, Inhalte von einer Website zu teilen, solange sie nicht gegen die Richtlinien der Plattform verstießen. Zugleich verwies er aber auch auf Twitters Regeln gegen das Aushebeln einer Sperrung. So sei es verboten, einen gesperrten Account zu imitieren oder dass jemand ein Profil für eine gesperrte Person betreibt. Twitter werde bei solchen Verstößen handeln.

Damit bliebe es für Trump bei einer Präsenz zweiter Klasse - weil seine Ideen zwar über Profile seiner Anhänger im Umlauf wären, aber man ihm weiterhin nicht direkt folgen könnte. Von Facebook gab es zunächst keinen Kommentar zum Teilen von Trump-Beiträgen.

Der am Dienstag gestartete Blog-Bereich mit dem Titel "Vom Schreibtisch von Donald J. Trump" erinnert äußerlich an Twitter - wo es aber nur Beiträge von Trump gibt. Seine Anhänger können auch einzelne Beiträge wie bei Twitter mit einem "Like"-Herz versehen - und sich auch über neue Posts benachrichtigen lassen. Die Möglichkeit, Trumps Beiträge zu kommentieren, gibt es aber nicht.

Unabhängiges Gremium

Das Geld für das Aufsichtsgremium wurde zwar von Facebook bereitgestellt - liegt aber in einer Treuhandgesellschaft, was die Unabhängigkeit sichern soll. Bei den wenigen bisherigen Entscheidungen machte das Oversight Board bereits mehrere Sperren von Inhalten durch Facebook rückgängig.

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