Jede zehnte Frau leidet an der genetisch bedingten Fettverteilungsstörung Lipödem.
Lipödem – auch Säulenbeine oder Reiterhosensyndrom genannt – ist eine chronisch, meist fortschreitende Störung der Fettverteilung im Körper. Oft entwickelt sich bereits nach der Pubertät das typische Erscheinungsbild: eine relativ schlanke Taille, aber dicke Oberschenkel, säulenartig geformte Beine, schmerzhafte Reiterhosen, Fettpolster im Bereich der Oberschenkelinnenseite und der Kniegelenke. Diese abnormen Fettablagerungen sind genetisch bedingt, offenbar auch vom Hormon Östrogen abhängig und betreffen fast nur Frauen.
Was kann ich selber tun?
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Ernährung
Lipödeme sind keine Fettpolster, die durch Übergewicht entstanden sind und daher nicht durch Diät zu bekämpfen. Übergewicht sollte dennoch vermieden bzw. reduziert werden. Ein entsprechendes Ernährungsprogramm hilft bei der Gewichtsreduktion und dem Abbau von Eiweiß im Bindegewebe. Beim Lipödem halten vor allem Eiweiße im Bindegewebe das Wasser gebunden. Ein vorübergehender Protein-Mangel in der Nahrung soll den Stoffwechsel motivieren, seinen Eiweiß-Bedarf aus den Fettdepots zu decken.
Bewegung
Bewegung alleine hilft nicht gegen ein Lipödem. Sport kann jedoch wie eine Lympdrainage wirken. Schwimmen, Aquajogging, spazieren gehen, Langlaufen und Nordic Walking sind besonders geeignet. Wenn möglich, sollte dabei Kompressionsbekleidung getragen werden, um weitere Schwellungen zu verhindern.
Kompression
Kompressionswäsche sollte den ganzen Tag getragen werden. Experten empfehlen eine flachgestrickte Kompressionswäsche. Die normale Kleidung sollte nicht einengen.
Hautpflege
Durch das Tragen von Kompressionswäsche wird die Haut viel stärker belastet als an anderen Körperstellen und daher empfindlicher. Empfindliche Haut sollte vorsichtig eingecremt und vor dem Austrocknen geschützt werden.
Häufig nicht erkannt
Lipödeme sind angeboren und nicht durch Übergewicht erworben. Sie können daher auch durch Diät und Sport alleine nicht verschwinden. Ein Lipödem wird häufig mit normalem Übergewicht (Adipositas) verwechselt, den Betroffenen geraten, weniger zu essen und sich mehr zu bewegen. So vergehen oft Jahre bis zur richtigen Diagnose. Zahlreiche sinnlose Diäten, die sich nicht selten in einer schweren Essstörung manifestieren, sind die Folge. Der Erfolg bleibt dennoch aus. Im Gegenteil, das Erscheinungsbild wird immer schlimmer.
Die wichtigsten Fakten im Überblick
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Definition
Unter Lipödem versteht man eine krankhafte, fortschreitende und schmerzhafte Fettverteilungsstörung, die vorwiegend im Oberschenkel-, Gesäß- und Hüftbereich, an den Innenseiten der Kniegelenke und der Unterschenkel auftritt. Diese Krankheit wird oft als Säulenbein- oder Reiterhosensyndrom bezeichnet. Im fortgeschrittenen Stadium können auch die Arme betroffen sein. Hände und Füße sind nicht betroffen, sodass das Fettgewebe darüber einen Kragen bildet. Die Fettablagerungen entstehen in der Regel symmetrisch. Typisch ist ein schlanker Oberkörper, sodass die Beine noch dicker wirken. Schätzungsweise leiden zehn Prozent aller Frauen an einer Fettverteilungsstörung.
Symptome
Ein Lipödem macht sich in der Regel durch Schweregefühl in den Beinen, symmetrische Schwellungen, Druckschmerzen, Berührungsempfindlichkeit, Cellulite, Verhärtungen im Unterhautgewebe (Knötchenbildung) und Neigung zu blauen Flecken bemerkbar. Besonders nach langem Sitzen oder Stehen oder an warmen Tagen schwellen die Beine durch zusätzliche Wassereinlagerungen weiter an.
Ursachen
Als Ursache gelten genetische Veranlagung sowie hormonelle Auslöser. Die Krankheit beginnt meist schon während oder kurz nach der Pubertät, tritt manchmal auch erst nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren auf. Männer sind nur sehr selten betroffen. Bei einem Lipödem produziert das Fettgewebe mehr Lymphflüssigkeit, die schlechter abtransportiert wird. Dadurch steigt der Druck, die Spannung in den verdickten Extremitäten nimmt zu und führt schon bei leichter Berührung der Haut zu Schmerzen. Übergewicht alleine löst kein Lipödem aus, daher kann es nur durch Diäten und Sport auch nicht behandelt werden.
Konservative Therapie
Basis jeder Therapie ist die Entstauung der Extremitäten von überschüssiger Lymphflüssigkeit. In den Anfangsstadien erfolgt dies durch tägliches Tragen von Kompressionsstrümpfen oder -verbänden, Bewegungstherapie und Lymphdrainage. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) beinhaltet eine manuelle Lymphdrainage mit anschließender Bandagierung durch Tspeziell geschulte Therapeuten. Die manuelle Lymphdrainage ist eine spezielle Massageart, um den Lymphfluss aus dem Körpergewebe in die Lymphbahnen zu lenken und den Abtransport zu ermöglichen. Das ganztägige Tragen spezieller Kompressionsware verhindert den erneuten Rückfluss. Die Therapie erfolgt meist in Kombination mit Kuraufenthalten und ist lebenslang notwendig.
Operative Therapie
Durch Fettabsaugung (Liposuktion) kann das überschüssige Fettgewebe an Beinen und Armen verringert werden. Dadurch wird weniger Lymphflüssigkeit gebildet und das Gleichgewicht zwischen Lymphproduktion und -abtransport wieder hergestellt. Eine konservative Therapie in unmittelbarem Anschluss für etwa vier bis sechs Wochen ermöglicht einen geordneten Lymphfluss.
Die drei Stadien des Lipödems
Die drei Stadien des Lipödems
Schmerzhafte Schwellungen
Ein Lipödem ist mehr als ein ästhetisches Problem. Die übermäßig produzierte Lymphflüssigkeit kann zunehmend schlechter abtransportiert werden und die Spannungen in den verdickten Extremitäten nehmen immer mehr zu. Schon eine leichte Berührung der Haut führt zu Druckschmerzen und leichte Stöße zu Blutergüssen.
Ein Lipödem ist nicht heilbar, aber behandelbar. Basis jeder Therapie ist eine Verbesserung des Lymphflusses. Durch Lymphdrainage und Tragen von Kompressionswäsche wird der Abtransport der überschüssigen Lymphflüssigkeit ermöglicht und ein Rückstau verhindert. Eine dauerhafte Linderung der Symptome bietet eine operative Verringerung des Fettgewebes durch eine Fettabsaugung.
Lipödem erkennen:
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Sicht- & Tastbefund:
Die Basis-Untersuchung besteht aus Erhebung der Krankheitsgeschichte (Anamnese), Inspektion (typisches Erscheinungsbild mit relativ schlankem Oberkörper und unproportional kräftigem Unterkörper) und Abtasten (Kneiftest, Drucktest).
Bildgebung:
Lokalisation, Ausmaß und Struktur der Fettvermehrung können durch CT, MRT und Ultraschalluntersuchungen erfasst werden.
Sonstige Untersuchungen:
Blutuntersuchungen helfen, Erkrankungen, die ebenfalls zu Ödemen führen, auszuschließen. Weiters stehen diverse Verfahren zur Messung des Fettanteils im Körper beziehungsweise der Körperzusammensetzung zur Verfügung. Mittels Lymphographie werden die Lymphgefäße dargestellt.
Blitzcheck: Leide ich an Lipödem
Lipödem verläuft in drei Stadien. Die Diagnose wird meist sehr spät gestellt. Der Blitzcheck kann helfen.
1. Sind Ihre Beine (beziehungsweise Arme und Beine) symmetrisch verändert, also gleichmäßig von einer Vermehrung des Fettgewebes betroffen? Ja Nein
2. Sitzen Fettpolster an den Armen und Beinen, von Oberschenkel bis zum Knöchel, die Diäten und Sportprogrammen widerstehen? Ja Nein
3. Neigen Sie zur Bildung von Blutergüssen im Bereich der Extremitäten, ohne dass Sie sich verletzt hätten? Ja Nein
4. Leiden Sie unter druckempfindlichen, schmerzenden und schweren Beinen und/oder Armen? Ja Nein
5. Schmerzt es, wenn Sie nur leichten Druck auf die Beine oder Arme ausüben? (Zum Vergleich üben Sie genauso wenig Druck auf den Bauch aus.) Ja Nein
Auswertung: Schon wenn Sie nur eine dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, ist es ratsam, einen Facharzt aufzusuchen. Sportler und wenig schmerzempfindliche Menschen neigen oft dazu, vorhandene Beschwerden nicht wahrzunehmen oder auszublenden. Empfindungen, mit denen man sozusagen aufgewachsen ist, werden Teil der eigenen Körperwahrnehmung. Sollte sich Ihr Verdacht erhärtet haben, wenden Sie sich an einen Experten und sprechen Sie ihn gezielt auf Lipödem an. |