Fasten – ein uraltes Ritual – avancierte zum größten Gesundheitstrend unserer Zeit. Was hinter der Wiederentdeckung steckt und welche der verschiedenen Methoden am besten in Ihr Leben passt, verraten wir Ihnen im großen Guide.
Seit Jahrtausenden sind immer wiederkehrende Nahrungskarenzen Teil der menschlichen Kultur. Fasten ist dabei nicht schlicht nur religiöses Brauchtum und Konvention. Wie die Wissenschaft seit wenigen Jahren weiß, ist der zeitweise Verzicht auf Nahrung die bewährteste Abnehm- und Heilmethode der Menschheitsgeschichte. Ab den 26. Februar werden wieder tausende Österreicher für 40 Tage fasten. Derzeit trendet das Konzept des Intervallfastens. Hier erfahren Sie mehr darüber!
Entdeckung als Supermedikament
Aus der Perspektive der Entwicklungsgeschichte betrachtet, ist Teilzeitfasten unser natürliches, gesundes Essensmuster. Denn Nahrung stand bis vor wenigen Jahrzehnten nur sporadisch zur Verfügung. Der menschliche Organismus musste sich also seit Beginn auf Perioden des Essens und Nichtessens einstellen. Auf Phasen der Entbehrung stellte sich unser Körper jedoch nicht nur ein, er schaffte es, Nahrungskarenzen für sich zu nutzen. Wenn ihm über einen längeren Zeitraum keine Energie zugeführt wird, sprich, wenn die Energiespeicher geleert sind, legt sich im Organismus grob gesagt ein „Schalter“ um, der ein erstaunliches Zellreinigungsprogramm startet – die vor wenigen Jahren entdeckt Autophagie. Der aus dem Altgriechischen abgeleitete Begriff wird übersetzt mit „sich selbst verzehrend“. Die Zelle wird durch Autophagie befähigt, brandgefährlichen zellulären Abfall zu recyceln und sich damit zu reparieren. Die menschliche Zelle ist also imstande, sich selbst zu verjüngen. Das Fasten ist damit ein Jungbrunnen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass dieses Zellverjüngungsprogramm vor einer ganzen Reihe von Erkrankungen schützen kann. Laut Studien stärkt der Fasteneffekt die Herzfunktion, Knochen und Knorpel, Muskelfunktion sowie Immunabwehr und wirkt neurodegenerativen Erkrankungen, wie Demenz, entgegen. Damit kann die Autophagie unser Leben nicht nur um Jahre verlängern, sondern dem Einzelnen qualitativ hochwertige Lebensjahre schenken.
Zudem könne sich laut Experten das Fasten auch äußerst positiv aufs Gewichtsmanagement auswirken und so Übergewicht, das für eine Reihe schwerer Zivilisationskrankheiten (Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom) verantwortlich zeichnet, entgegenwirken. Denn das restlose Verbrauchen der zugeführten Energie setzt die Fettverbrennung in Gang. Ob wir einen Apfel essen, ein Glas Wein trinken oder eine Torte genießen – die zugeführten Kohlenhydrate werden allesamt im Körper zu Zucker (Glukose) umgewandelt, der ins Blut abgegeben wird und dort kursiert. Der Körper schüttet das Hormon Insulin aus, um den Zucker aus dem Blut in die Zelle zu transportieren, die ihn zur Energiegewinnung heranziehen kann. Insulin hat allerdings die Eigenschaft, die Fettverbrennung zu blockieren und die Fetteinlagerung zu fördern. Wer also rund um die Uhr Essen und zuckerhaltige Getränke zu sich nimmt, ist stets auf Einlagerung gepolt. Vice versa führt eine Nahrungskarenz und die damit einhergehende Normalisierung des Blutzuckerspiegels zu einer reibungslosen Fettverbrennung. Zudem wird ein guter Schlaf unterstützt, appetithemmende Hormone werden ausgeschüttet und die Insulin produzierende Bauchspeicheldrüse wird geschont (Anm.: Diabetes-Typ-2-Prävention).
Fasten und der Alltag
Im Allgemeinen versteht man unter „Fasten“ die völlige oder teilweise Enthaltung von Speisen, Getränken und Genussmitteln über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Damit der gewünschte Fasteneffekt eintreten kann, benötigt es eine längere Esspause. Lediglich Wasser, ungesüßter Tee sowie Kaffee pur sind in dieser Phase erlaubt. Wann der Jungzelleneffekt genau startet, ist noch nicht erforscht.
16 Stunden täglich Fasten gilt jedoch als sinnvoller Richtwert, um von der Autophagie zu profitieren. Abends und nachts mit der Nahrungsaufnahme zu pausieren (Dinner-Cancelling) und tagsüber innerhalb eines Zeitfensters von acht Stunden zwei bis drei Mahlzeiten zu verzehren, hat sich zudem als besonders alltagstauglich erwiesen. Die sogenannte 16:8-Methode des Intervallfastens (IF) gilt daher als optimaler Einstieg in den Lifestyle. Die Fastenphase kann nach und nach verlängert werden (siehe rechts). Je länger die Fastenperiode nämlich andauert, desto stärker die Effekte der Autophagie. Besonders positiv am Intervallfasten ist zudem, dass es dem urmenschlichen circadianen Rhythmus, dem 24-Stunden-Intervall, folgt, wodurch gesundheitsfördernde Dynamiken verstärkt werden. Im Rahmen einer ärztlich geführten Fastenkur kann man zu therapeutischen Zwecken auch längere Nahrungskarenzen einhalten.
INTERVALLFASTEN
Was man darunter versteht
Von intermittierendem Fasten spricht man, wenn man eine Essenspause von mindestens 12 Stunden einlegt. Bereits dieses kurze Intervall hat einen positiven Effekt. 16 Stunden täglich fasten (die 16:8-Methode) gilt als sinnvoller Richtwert, um von dem sogenannten Jungzellen-Effekt, der Autophagie, zu profitieren. Dieser beschreibt ein Selbstreinigungsprogramm des Körpers, das für ein Gleichgewicht zwischen Produktion neuer und dem Abbau alter Zellbestandteile sorgt. Dadurch wird Erkrankungen sowie der Zellalterung vorgebeugt. Je länger die Fastenperiode andauert, desto stärker die Effekte der Autophagie. Fortgeschrittene können auf die 20:4-Methode (20 Stunden fasten, vier Stunden pro Tag essen) setzen.
12:12-Methode
Für den Einstieg: „In vergangenen Zeiten“, so US-Fasten- und Diabetes-Experte Dr. Jason Fung (Autor von „Fasten. Das große Handbuch“, Riva Verlag), „galt eine tägliche 12-stündige Fastenperiode als normales Ernährungsmuster. Man aß drei Mahlzeiten zwischen sieben und 19 Uhr und fastete von 19 bis sieben Uhr morgens. Dann brach man das Fasten mit dem Frühstück, das auf Englisch nicht umsonst ,break fast‘ heißt. Seit 1977 beobachten wir einen Anstieg der Mahlzeiten und Reduktionen der täglichen Fastenperioden.“ Durch das ständige Nachladen von Nahrung, vor allem Kohlenhydraten (werden zu Zucker zerlegt), findet eine ständige Stimulation des Fettspeicherhormons Insulin statt (schleust den Zucker aus dem Blut in die Zelle zur Energiegewinnung). Ein hoher Insulinspiegel blockiert die Fettverbrennung.
„Tägliches 12-stündiges Fasten“, so der Experte, „führt tagsüber zu einem Zeitraum mit sehr niedrigem Insulinspiegel. Das verhindert die Insulinresistenz und hilft bei der Vorbeugung von Übergewicht und Diabetes Typ 2.“
Tipp: Die letzte Mahlzeit des Tages sollte sehr proteinreich ausfallen, das unterstützt die Fettverbrennung über Nacht und wirkt nächtlichem Heißhunger entgegen. Kommt doch Appetit auf: Lenken Sie sich mit einem Spaziergang ab.
16:8-Methode
Für Fortgeschrittene: Bei dieser Fastenart wird eine 16-stündige Fastenperiode in den normalen Mahlzeitenplan eingebaut. Sie können z. B. täglich bzw. regelmäßig von 19 Uhr abends bis elf Uhr vormittags fasten. Oder Sie setzen auf Dinner Cancelling (letzte Mahlzeit um 16 Uhr) und starten morgens mit einem Frühstück (ab circa 8 Uhr) in den Tag – je nach Vorliebe und Lebensstil. Sie haben also ein achtstündiges Mahlzeitenfenster pro Tag zur Verfügung. Wie viele Mahlzeiten Sie in diesem Fenster verzehren, bleibt Ihnen überlassen. Wer Gewicht reduzieren will, sollte jedenfalls auf seine Kalorienbilanz achten (weniger Kalorien zuführen als verbrauchen). Generell gilt, auch wenn gefastet wird: Gestalten Sie Ihre Mahlzeiten möglichst ausgewogen und vitaminreich (pflanzenbasiert). Tipp vom Experten: 16-stündige Fastenperioden sollten das Ziel sein, denn je länger die Karenz andauert, desto wirkungsvoller der Fasten-Effekt.
20:4-Methode:
Für Geübte/für Erfahrene: Da mit der Dauer der Nahrungskarenz die Fasten-Effekte stärker werden, empfehlen Experten, Esspausen auf bis zu 20 Stunden täglich auszuweiten. Fortgeschrittene setzen also auf ein Essfenster von vier Stunden, das sie nach Lust und Laune und angepasst an persönliche Gesundheitsziele gestalten können.
Das hilft beim Durchhalten:
– Machen Sie Bewegung. Durch Bewegung, vor allem an der frischen Luft, verändern sich unsere Bedürfnisse. Es wird z. B. das Hungerhormon Ghrelin reduziert. Es ist also immer besser sich, zu bewegen, als einer Versuchung nachzugeben.
– Für guten Schlaf sorgen: Denn während der Nachtruhe produziert der Körper Sattmacher-Hormone.
– Routinen schaffen: Je mehr Selbstkontrollstrategien bereits zu Ihrer Routine geworden sind, umso weniger Willenskraft benötigen Sie, um diese zu aktivieren.
Längeres Fasten
Was man darunter versteht: Es wird nicht im circadianen Rhythmus gefastet, sondern die Nahrungskarenz bleibt über einen längeren Zeitraum aufrecht. Diabetes-Experte Dr. Jason Fung empfiehlt längeres Fasten zur Behandlung von Fettleibigkeit und Diabetes Typ 2 (unter ärztlicher Begleitung). „Beim längeren Fasten“, so der Mediziner, „wird der gesundheitliche Nutzen wie Gewichtsverlust und ein niedriger Insulinspiegel rasch sichtbar, aber es besteht auch ein höheres Komplikationsrisiko für Diabetiker und bei Medikamenteneinnahme.“
24-stündiges Fasten
Vollkommender Verzicht über 24 Stunden. Beim 24-stündigen Fasten essen Sie von Abendessen zu Abendessen oder von Frühstück zu Frühstück nichts. Wenn Sie z. B. an einem Tag um 19 Uhr mit dem Abendessen fertig sind, essen Sie erst am nächsten Tag um 19 Uhr wieder etwas. Viel Wasser und ungesüßte Tees werden in dieser Phase empfohlen. Trotz des Namens verzichten Sie keinen ganzen Tag auf Nahrung, da Sie am Fastentag immer noch eine Mahlzeit zu sich nehmen. Etwa ein- bis zwei solcher Fastentage werden pro Woche empfohlen.
36-stündiges Fasten
Vollkommender Verzicht über 36 Stunden. Bei dieser Methode essen Sie einen ganzen Tag nichts. Beispiel: Starten Sie nach einem Abendessen um 19 Uhr, essen Sie den Folgetag nichts und verzichten an Tag drei aufs Frühstück.
5:2-Methode
Kein vollkommener Verzicht. Fünf Tage darf normal gesund gegessen werden. An zwei Tagen wird gefastet. Dabei verzichtet man nicht komplett auf Nahrung, sondern achtet darauf, die an Fastentagen zugeführte Kalorienmenge 500 Kilokalorien (kcal) für Frauen bzw. 600 kcal für Männer nicht zu überschreiten. Achtung: Auch in dieser Zeit sollte das Essfenster kurzgehalten werden. Denn jegliche Nahrungsaufnahme stoppt die Autophagie.
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Und jetzt ans Essen!
Die Essphasen sollten nach den individuellen Gesundheitszielen gestaltet werden. Steht Fettverlust im Vordergrund, gilt es, auf eine kalorienreduzierte Nahrungsmittelzufuhr zu achten. Wer täglich mehr verbrennt, als er zu sich nimmt, verliert nachhaltig und stetig an Gewicht. Generell sollten besonders nährstoffreiche, natürliche Lebensmittel verzehrt werden. Ein bunter Teller, der reich an Gemüse ist, garantiert eine gute Versorgung mit wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Für die optimale Unterstützung des Fasteneffekts kann man auf sogenannte Spermidin-haltige Lebensmittel setzen. Zu diesen zählen Pilze, Nüsse, Käse, Rotwein, Erbsen und gewisse Gemüse- sowie Obstsorten. Spermidin ist natürlicher Bestandteil der Zelle, der vom Körper produziert wird, um die Autophagie zu aktivieren. Eine Zufuhr von außen gleicht Defizite (Anm.: die durch den natürlichen Alterungsprozess entstehen) aus und fördert die Zellregeneration. Zudem hat Spermidin laut Studien das Potenzial, das „schlechte“ weiße Fettgewebe zu reduzieren und die Fett-Oxidation anzukurbeln. In Kombination mit ausreichend Bewegung halten wir so unsere Zellen möglichst lange gesund und jung.
Der Begriff:
Fasten ist die völlige oder teilweise freiwillige Enthaltung von Speisen und Genussmitteln über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Das Wort kommt vom althochdeutschen „fasten“, das bedeutet „an den Geboten der Enthaltsamkeit festhalten“. Im wissenschaftlichen Sinne spricht man vom Fasten, sobald sich der Fasteneffekt, die sogenannte Autophagie einstellt.
Der Fasten-Effekt:
Der Begriff Autophagie lässt sich aus dem Altgriechischen ableiten: „auto“ steht für selbst und „phagein“ für fressen. Das „Sich-selbst-Fressen“ beschreibt einen Recyclingprozess der Zellen, bei dem die Zelle alte, geschädigte oder nicht verwertbare Bestandteile abbaut und daraus Energie erzeugen kann. Da geschädigte Zellbestandteile maßgeblich zur Entstehung altersbedingter Erkrankungen beitragen, gilt die Autophagie als wichtige Präventionsmaßnahme. Sie kann auf zwei Arten aktiviert werden:
– Durchs Fasten: als sinnvoller Richtwert, um von der Autophagie zu profitieren, gilt eine Esspause von mindestens 12 bis 16 Stunden.
– Durch Spermidin-haltige Nahrung: Spermidin
ist ein körpereigener Stoff, der produziert wird, um die Autophagie zu aktivieren. Er ist auch in diversen Nahrungsmitteln enthalten.
Positive Wirkungen:
Die Autophagie wirkt nachweislich vorbeugend gegen
– neurogenerative Erkrankungen
- Prädiabetes/ Diabetes Typ 2
– Herz-Kreislauf-Erkrankungen
– Adipositas (starkes Übergewicht)
– Knochen- und Knorpelabbau
– Muskelatrophie
– den Alterungsprozess der Zelle
Wer darf nicht fasten?
Personen im fortgeschrittenen Alter, Herz-Kreislauf-Kranke, Personen mit Untergewicht. Generell gilt: Besprechen Sie den Einstieg ins Fasten mit Ihrem Hausarzt.
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