Eine sanfte Therapieform, die Blaulichttherapie, schafft Abhilfe.
Neurodermitis, auch als Atopische Dermitis bezeichnet, gilt als „Krankheit der Kinder und Jugendlichen“. Diese chronische Hauterkrankung bedeutet nicht nur körperliche und seelische Qualen für die kleinen Patienten, sondern auch eine große Belastung für die Eltern. Ihr Kind leiden zu sehen und die eigene Hilflosigkeit waren für Petra O. das Schlimmste. Mit knapp einem Jahre diagnostizierten die Ärzte bei ihrem Sohn Sebastian Neurodermitis. Nach Jahren der Schmerzen und Verzweiflung ist der heute achtjährige Bub dank der Blaulichttherapie beschwerdefrei.
Zum Aus-der-Haut-Fahren
Starker Juckreiz, Rötungen, trockene und wunde Haut in Kniekehlen, Ellenbeugen oder im Gesicht sind typische Symptome bei Neurodermitis. Auch Sebastian litt sehr stark darunter. „Er konnte noch nicht einmal gehen und ist ständig über den Teppich gerobbt, nur um sich zu kratzen“, schildert Mutter Petra den Leidensweg ihres Sohnes. Alle klassischen Therapiemethoden haben sie ausprobiert, auch Alternativen wie Bioresonanz oder Ausleitungstherapie. Doch ohne dauerhaften Erfolg. „Man schmiert sieben Tage Kortison, freut sich, dass die Haut schön ist und kurz danach fängt das Ganze von vorne an“, so die junge Frau.
Blaues Licht als Therapie
Eine in Deutschland entwickelte Behandlungsform bringt neue Hoffnung für Neurodermitis-Erkrankte. Die Blaulichttherapie, auch bekannt unter dem Namen DermoDyne Lichtimpfung, wurde durch Zufall in der Krebsforschung entdeckt. „Durch das Blaulicht erfahren die Zellen in der Haut eine Immuntoleranz. Das heißt: Wie bei einer Impfung wird das Immunsystem verändert und tolerant gegen die Auslöser. Was sich genau auf zellulärer Ebene abspielt, das wird gerade im AKH erforscht“, erklärt Dr. Sabine Schwarz, Hautärztin und Leiterin des Hautzentrums in Wien Meidling. Hier ist leihweise das einzige Blaulichtgerät in Österreich für Behandlungen im Einsatz. Ein weiteres Gerät steht zu Forschungszwecken im Wiener AKH.
Blaulichttherapie zeigt Erfolg
Sebastian wurde erstmals im Jahr 2008 in Deutschland mit dem blauen Licht behandelt. Fünf Tage hintereinander wurde das Kind jeweils eine Stunde lang bestrahlt. „Er hat sofort auf die Behandlung angesprochen. Davor war sein Daumen nur ein offenes Etwas mit Nagel daran. Danach hat man gesehen: Das Kind hat Finger“, erzählt Petra. In Deutschland folgten fünf weitere fünftägige Behandlungszyklen, in Wien noch drei. Seit dem Jahr 2013 ist der kleine Sebastian nahezu beschwerdefrei.
Nachteil: Leider hohe Kosten
Das Problem der Blaulichttherapie sind die hohen Kosten. Ein fünftägiger Behandlungszyklus kostet 700 Euro. Bei leichten Fällen reichen oft schon drei Zyklen, bei schweren Fällen können sechs bis acht nötig sein. Während in Deutschland bereits Krankenkassen zum Teil die Kosten übernehmen, zahlen die Kassen in Österreich nicht. „Das wird sich in Hinblick auf die Studie im AKH vielleicht bald ändern“, hofft Dermatologin Sabine Schwarz.
Therapie mit blauem Licht...
Licht gegen Neurodermitis
Blaulicht Seit längerer Zeit werden unterschiedliche Lichttherapien gegen Neurodermitis eingesetzt, etwa Heliotherapie (natürliches Sonnenlicht) oder Fototherapie (künstliches UV-Licht). Nebenwirkungen und Rückfälle nach Behandlungsende kommen hier jedoch vor. Ein neuer Ansatz ist die in Deutschland vom Krebsforscher Dr. Jan Henrik Wilkens entwickelte Blaulichttherapie. In einem Gerät (ähnlich einem Solarium) wird der gesamte Körper mit gepulstem, speziell gefiltertem Blaulicht ohne schädliche UV-Anteile bestrahlt. In Österreich steht ein derartiges Gerät leihweise bei Dr. Sabine Schwarz im Hautzentrum Wien Meidling, ein weiteres Gerät zu Studienzwecken im Wiener AKH.
Ablauf der Blaulichttherapie
Langwierig An fünf aufeinander folgenden Tagen wird jeweils eine Bestrahlung von rund 45 Minuten durchgeführt. Je nach Ausmaß der Erkrankung sind mehrere solcher Behandlungszyklen in gewissen Abständen nötig, um eine zufriedenstellende Wirkung zu erzielen. Bei leichten Fällen drei, bei schweren Erkrankungen sechs bis acht Zyklen. Die Behandlung ist teuer. Ein Zyklus kostet 700 Euro. In Österreich übernimmt die Krankenkasse keine Kosten. In Deutschland zahlen kleinere Kassen bereits.
Wirkung
Immuntoleranz Laut einer Studie der Uni Mainz beruht die Wirkung des blauen Lichts – im Unterschied zu den bekannten Standardtherapien – nicht auf einer kurzfristigen Zurückdrängung der Entzündung. Eine langfristige Stabilisierung erfolgt, indem die Immunzellen der Haut – ähnlich wie bei einer Impfung – tolerant werden gegen äußere Einflüsse. Daher die Bezeichnung „Lichtimpfung“. Was genau auf zellularer Ebene passiert, wird derzeit im AKH erforscht.