Gürtelrose ist die häufigste Erkrankung im Erwachsenenalter. Und sie wird häufiger – nicht nur bei Älteren, sondern auch bei Jüngeren. Warum die Zahlen steigen und wie man sich vor der Nervenentzündung schützt.
Als würden sich Dornen von Rosen tief in die Haut bohren – so beschreiben Betroffene die Symptome der Gürtelrose. Die Haut brennt und sticht – oft so sehr, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Wenige Tage später machen sich rote Erhebungen auf der Haut bemerkbar und wachsen rasch zu prall gefüllten, juckenden Bläschen heran – meist am Rumpf, seltener an Hals, Armen oder Beinen. Wer Pech hat, der bekommt sie im Gesicht – an Ohren und Augen. Etwa drei Wochen lang bestimmt die Gürtelrose das Leben der Betroffenen, bei manchen bleiben die Schmerzen auch länger – mitunter ein Leben lang.
Verursacher der Nervenentzündung sind Varizella-Zoster-Viren – das Varizellenvirus. Fast jeder Erwachsene trägt die winzigen Übeltäter in sich. Sie gelangen in den Körper, wenn sich Kinder mit Feuchtblattern (Windpocken) infizieren. Die Abwehr kann sie nicht vollständig eliminieren. Sie ziehen sich in die Rückenmarksnerven zurück und warten dort. Worauf? Auf ein geschwächtes Immunsystem – durch starken Stress, höheres Alter, eine Erkrankung oder immunsuppressive Therapien. Eine geschwächte Abwehr öffnet den Erregern Tür und Tor, sich entlang der Nervenbahnen auszubreiten und dort Symptome zu verursachen.
„Türöffner“ Covid-19
In Österreich geht man von 40.000 Gürtelrose-Fällen pro Jahr aus. Treffen kann es jeden. Ab dem Alter von 50 Jahren steigt das Risiko dafür stark an, da dann die Immunabwehr gegen das Varizella-Zoster-Virus schwächer wird. Gürtelrose gilt daher v. a. als Erkrankung des Alters. Doch auch immer mehr Jüngere sind betroffen. Ganz allgemein – so legen Daten nahe – tritt die Erkrankung derzeit deutlich häufiger auf. Theorien um die rätselhafte Ausbreitung gibt es einige.
Kürzlich zeigte eine groß angelegte US-Studie, dass eine Infektion mit dem Corona-Virus das Risiko für Gürtelrose bei den über 50-Jährigen um 15 Prozent erhöht – Frauen sind gefährdeter als Männer. Die Forscher:innen gehen von einer Risikoerhöhung für einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Covid-Diagnose aus. Danach gleicht sich das Risiko wieder dem der Nicht-Erkrankten an. Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Leiter des Tropeninstituts 1060 Wien und Universitätsprofessor für Infektiologie, Tropenmedizin und globale Gesundheit an der Sigmund Freud Universität Wien, erklärt: „Wenn das Immunsystem geschwächt ist, hat das Virus, das Gürtelrose auslöst, gewissermaßen ein leichtes Spiel.“
Unangenehme Symptome: Gürtelrose führt zu einem Ausschlag, der stets auf eine Hautzone begrenzt ist.
Warum trifft es immer mehr junge Menschen?
Als eine mögliche Erklärung nennt Dr. Zoufaly eine erhöhte Sensibilisierung für die Erkrankung. „Diese kann dazu führen, dass vermehrt auch jüngere Menschen zum Arzt gehen und dort die Diagnose bekommen, was eine Häufung erklären kann.“ Zudem könnte laut dem Experten das Ausbleiben einer natürlichen Boosterung eine Erklärung sein: „Es zirkuliert derzeit weniger Varizellenvirus in der Bevölkerung, weil z. B. zunehmend schon Kinder gegen die Varizellen geimpft werden und dann gar nicht erst erkranken.“ Der Kontakt mit dem Virus – also die natürliche Boosterung – sei jedoch wichtig für die Aufrechterhaltung der Immunität gegen das Virus. Sie schütze vor Reaktivierung – der Gürtelrose. „Die Datenlage“, so der Arzt, „ist hierfür aber aktuell widersprüchlich und ein eindeutiger Trend zu einem früheren Auftreten der Gürtelrose ist nicht zu erkennen.“
Neue Vorbeugung
Gürtelrose lässt sich mit Virostatika (Anm.: Stoff, der Vermehrung von Viren hemmt) gut behandeln. Je früher die Einnahme erfolgt, desto besser. Jedoch ist nicht eindeutig geklärt, ob diese Medikamente vor den gefürchteten Spätfolgen schützen können. Bei etwa 30 Prozent aller Betroffenen kommt es zu der Post-Zoster-Neuralgie, die mit starken, teils irreversiblen Schmerzen verbunden ist. „Untersuchungen zufolge“, so Prof. Zoufaly, „zählen diese Schmerzen zu den stärksten in der Humanmedizin.“
Es kann auch zu Komplikationen wie Narbenbildung, Augenschädigung und Gehirnentzündung kommen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt Dr. Zoufaly v. a. Menschen über 50 und Personen aus Risikogruppen bereits ab 18 Jahren mit ihrer/m betreuenden Ärztin/Arzt über einen Schutz zu sprechen. Eine Impfung schützt sehr gut vor einer Erkrankung und vor Folgeschäden.