Karl-Löbl-Kritik

Diese Lulu ist ein Sex-Automat

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Opernpremiere in Salzburg: Bein- und Unterleibsgymnastik statt Sinnlichkeit und Erotik.

Eine Produktion größter Missverständnisse. Maler Daniel Richter wundert sich über die Felsenreitschule und meint, sie sei „wie ein Schuhkarton“. Der Zuschauer versteht die Wahl der Bühne nicht. Denn die Verwandlung der Schauplätze ist technisch unmöglich. Warum spielt man nicht Orfeo ed Euridice hier, wohin Glucks Oper passte, und statt ihr Lulu im Festspielhaus? Auch die Regisseurin Vera Nemirova unterliegt einem Irrtum. Sie empfindet die Musik „als einen Klangteppich, der neben den Figuren existiert“, hat also von Alban Bergs Prinzipien und Dramaturgie keine Ahnung. So sieht ihre Inszenierung auch aus.

Ermüdend
Als Verdeutlichung männlicher Fantasien und Wünsche dienen der Griff zum und in den Hosenschlitz, Bein- und Unterleibsgymnastik. Von Erotik, Sinnlichkeit keine Spur. Patricia Petibons Lulu wird zum Sex-Automaten degradiert, dessen Aktivitäten im Verlauf der Handlung den Zuschauer und die Darstellerin ermüden. Nicht die Sängerin. Stimmlich ist die Petibon ausgezeichnet. Von ihrem Text versteht man allerdings kaum ein Wort. Im Gegensatz zu Franz Grundheber, Michael Volle, Thomas Piffka, die Wort und Musik dank klarster Artikulation in der Balance halten. Das versucht auch, nicht immer erfolgreich, Marc Albrecht am Pult der Wiener Philharmoniker. Ein guter, keineswegs überzeugender Anwalt Alban Bergs.

Gucklöcher
Weil Richters Bildtafeln und Vorhänge die Arkaden der Felsenreitschule verbergen, muss die Vorderbühne zu Bergs Musik mehrmals händisch verändert werden. Im Libretto sind zwar alle Szenen penibel genau beschrieben. Aber wen kümmert das heutzutage? Ein bürgerlicher Salon wird durch eine schwarze Pyramide mit Gucklöchern ersetzt, die Pariser Spekulanten-Society agiert zwischen dem Publikum im Zuschauerraum. Die Dachkammer, in der Jack the Ripper Lulu ermordet, wurde zum Zelt im winterlichen Wald. Der Text meint anderes. Missverstanden auch er.

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