Vierstündiger Eröffnungsabend am Tag der deutschen Einheit.
Außen rosa, innen Blattgold: Nach sieben Jahren strahlt die Staatsoper Unter den Linden wieder. Mit einer Gala und Prominenz wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel ist das Opernhaus am Tag der Deutschen Einheit wiedereröffnet worden. Zu Robert Schumanns "Szenen aus Goethes Faust" feierte die Staatsoper auch das Ende eines langen Weges aus Pleiten, Pech und Pannen.
Für den Neustart hatte Intendant Jürgen Flimm ein Programm mit Texten des Dichterfürsten gestrickt. Also kein "Fidelio" oder "Meistersinger", wie sonst bei ähnlichen Feiern üblich. "Zum Augenblicke sagen: Verweile doch!" hatte er den Abend genannt. "Einen großen Stoff, der mit unserer Kulturgeschichte verknüpft ist", begründete der Intendant und Regisseur die Entscheidung für das eher selten gespielte Opernfragment.
Flimms Konzept, zu Schumanns Musik zusätzlich Texte aus dem Faust vortragen zu lassen, erwies sich allerdings als zäh. Über fast vier Stunden zieht sich der Abend hin. Kurz vor Mitternacht legte Generalmusikdirektor Daniel Barenboim den Taktstock nieder. Aufatmen.
Flimm lässt das Stück in einem grotesk überzeichneten Bühnenbild des Malers Markus Lüpertz über weite Strecken in einer Riesenschachtel spielen, die von überlebensgroßen Puppen flankiert ist. Das Geschehen findet gleich doppelt statt - als Oper und als Theaterstück. Das gefiel nicht allen. Nach der Pause hatten sich die Reihen im Publikum gelichtet, Flimm musste sich später Buhrufe gefallen lassen. Gefeiert wurden dagegen die Ensemblemitglieder, allen voran Roman Trekel (Faustus), Elsa Dreisig (Gretchen) und René Pape (Mephistopheles).
Doch wie war der Klang, für dessen Verbesserung ja die Oper unter anderem renoviert wurde? Schon vor Eröffnung hatte sich Barenboim begeistert von der neuen Akustik geäußert. Die Zeiten, in denen die Staatsoper den Widerhall mit elektronischer Verstärkung simulieren musste, sind vorbei. Jetzt klingt die Staatskapelle aus dem Orchestergraben transparent, von Klangbrei keine Spur mehr.
Für die neuen Klangverhältnisse wurde die Saaldecke um fünf Meter erhöht. Eine neue, hinter tausenden Keramikrauten versteckte Galerie verdoppelt die Nachhallzeit der Musik auf 1,6 Sekunden, der Opernraum hat ein Drittel mehr Volumen erhalten.
Zur Renovierung gehörte neben der neuen Bühnentechnik auch eine unterirdische Verbindung zwischen der Hauptbühne und den Proberäumen im benachbarten Intendantenhaus. Der Tunnel soll die Logistik erleichtern und den Umbau der Kulissen beschleunigen. Der 75 Meter lange und 18 Meter hohe Durchgang musste mit einer mehrere Meter dicken Betonsohle gegen das Grundwasser abgesichert werden, was den Bau deutlich verteuerte.
So wurden es nach Verzögerungen und Umplanungen am Ende sieben statt drei Jahre und 400 statt 240 Millionen Euro. Die Renovierung drohte sich zeitweilig zum Skandal auszuweiten.
Nun ist die Patina weg, die vor der Sanierung an die Zeit um 1952 erinnerte, als der DDR-Architekt Richard Paulick das Opernhaus aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs wiederaufbaute. Alles sieht jetzt mehr oder weniger aus wie früher, nur eben nagelneu und herausgeputzt. Noch bis zuletzt hatten Handwerker am neuen Berliner Prunkstück gefeilt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sprach von einem "Aushängeschild für die traditionelle Vielfalt der Musikstadt Berlin".
"Natürlich wäre es besser gewesen, wie geplant nach drei Jahren wieder zu öffnen", hatte Barenboim gesagt. Immer wieder hätten sich neue Verzögerungen angedeutet. Doch Intendant Flimm und er seien stur geblieben gegenüber der Berliner Bauverhaltung und hätten auf den 3. Oktober 2017 beharrt. Das Gespenst des noch lange nicht fertigen Hauptstadtflughafens hat wohl am Ende mitgeholfen, dass zum Einheitstag Goethes Faust rechtzeitig in die Staatsoper einzog.
Nach dem Auftakt ist aber bald wieder Pause: Erst am 7. Dezember wird die Staatsoper regulär öffnen. Bis dahin müssen sich die Mitarbeiter für den Betrieb fit machen.