Für den Nachwuchs muss die Ballettakademie der Staatsoper die Hölle gewesen sein.
Jetzt ist amtlich, was im Frühjahr an die Öffentlichkeit drang und seit Jahren hinter vorgehaltener Hand kolportiert wurde: Die Schüler der Ballettakademie an der Staatsoper wurden nicht ausgebildet, sie wurden ausgeblutet. Der am Dienstag vorgelegte Abschlussbericht einer Untersuchungskommission zu den Vorgängen im angesehenen Hause kommt einer Bankrotterklärung gleich: „Eine Gefährdung des Kindeswohls“ attestieren die vom früheren Kulturminister Gernot Blümel (VP) eingesetzten Experten.
Minister reagierte mit Entsetzen
Das Stadtmagazin Falter hatte die Bombe im April platzen lassen: Eine Lehrerin packte aus, sprach über die Ballett-Eleven von „Opfern autoritärer, gewalttätiger und gefährlicher Unterrichtsmethoden“. Von Schlägen und Beleidigungen war die Rede, von gedrillten Kindern, die in die Magersucht getrieben wurden, sogar von einem sexuellen Übergriff.
Ins Visier geriet die Ballett-Koryphäe Bella R., eine 65-jährige russische Ballettlehrerin von Weltruhm. Sie bestritt die paramilitärischen Ausbildungsmethoden, verwahrte sich gegen die Aussagen über körperliche Züchtigungen: „Ich habe meine Hände nur eingesetzt, um Bewegungen zu demonstrieren“, behauptete sie. Ihren Job war sie dennoch los.
Sonderkommission
Zunächst hatte die heutige Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die Expertenrunde zur Aufklärung der Vorwürfe geleitet. Später übernahm Susanne Reindl-Krauskopf, Chefin des Instituts für Strafrecht an der Uni. 16 Mal wurde getagt, 43 Zeugen gehört. 20 Betroffene wurden an beratende Stellen weitervermittelt. Unterm Strich stellte die Kommission der Akademie ein verheerendes Zeugnis aus: Eine unzureichend kontrollierte Gesamtbelastung der jungen Tänzer und Tänzerinnen aus Training, Proben, Auftritten, Wettbewerben und dem Schulbesuch“ hätten zur Gefährdung des Kindeswohls geführt. Erschwerend komme das Fehlen einer Kinderschutzbeauftragten hinzu.
Kulturminister Alexander Schallenberg sah „dringenden Handlungsbedarf“ an der Staatsoper. Noch vor Weihnachten sollen erste Gespräche mit Verantwortlichen geführt werden.