Open-Air-Konzert im Central Park nach 1,5 Jahren Pandemie musste wegen eines Gewitters abgebrochen werden
Es sollte ein Abend großer Symbole werden: Stars der Musikwelt sollten mit 60.000 Menschen New York feiern. Zelebriert werden sollte nicht nur das Comeback der Metropole nach 1,5 Jahren Corona-Pandemie - sondern all das, was Menschen weltweit an New York fasziniert: Kampfgeist trotz schwerster Herausforderungen und mehr Sinn für Unterhaltung als irgendwo anders. Doch das Konzert musste wegen eines Gewitters abgebrochen werden - und wurde im TV doch noch zur Sternstunde.
Vor dem monatelang geplanten Großkonzert "We Love New York" wurde die Kritik immer stärker: Die Fallzahlen in New York seien in einer vierten Corona-Welle wieder zu hoch gestiegen, hieß es. Selbst der vorgeschriebene Nachweis einer ersten Impf-Dosis für alle Besucher sei angesichts nur weniger Menschen mit Masken auf der "Great Lawn" genannten Wiese im Central Park unzureichend. Am Samstag sah es zunächst trotzdem so aus, als behielten die Optimisten Recht.
Heftiges Gewitter
Zehntausende waren wie geplant - mithilfe überwiegend kostenloser Tickets - in den Park gekommen und feierten die Begrüßung von Star-Moderatorin Gayle King: "Wir waren einmal das Epizentrum dieses Virus. Jetzt schreiten wir voran, um zum Epizentrum der Heilung zu werden." Die New Yorker Philharmoniker eröffneten den Abend und begleiteten Soul-Superstar Jennifer Hudsons stimmgewaltige Arie "Nessun Dorma" - vielen Besuchern auf der Großbildleinwand standen die Tränen in den Augen.
Das Tempo des auf fünf Stunden angesetzten Konzerts vor den meterhohen "NYC"-Lichtaufbauten war gut gewählt: Zwischen Genre-Stars wie Countrysänger Kane Brown, Pop-Klassik-Tenor Andrea Bocelli und den Hip-Hop-Legenden LL Cool J und Busta Rhymes spielten massentaugliche Acts wie Santana und Journey ihre Stadionrock-Hymnen "Maria, Maria" und "Don"t Stop Believing". Die Besucher tanzten und freuten sich über das hochkarätige Staraufgebot.
Nach gut zwei Stunden kam dann schließlich die überraschende Wende: Ausläufer des für Sonntag im Nordosten der USA angekündigten Hurrikans "Henri" pressten Regen und Gewitter in die Stadt. Erste Blitze zuckten nahe des Central Parks - laut CNN waren sie gemäß Sicherheitsregeln zu nah, um das Konzert noch fortsetzen zu können. Gerade hatte der 78 Jahre alte Pop-Oldie-Sänger Barry Manilow mit "Copacabana" und "Mandy" die größten Hits seiner Karriere angestimmt, als die Organisatoren abbrachen.
Sternstunde der TV-Unterhaltung
Zunächst wurden die Zuschauer nur gebeten, Unterschlupf zu suchen, doch schließlich setzte heftiger Regen ein. Für einen Moment sah es danach aus, als würde nicht die Pandemie, sondern das Wetter dafür sorgen, dass die Kritiker mit ihren Warnungen vor einem Fiasko Recht behielten. Doch der Abend sollte sich noch einmal drehen.
Wer es zu diesem Zeitpunkt bereits nach Hause geschafft hatte, konnte dort auf CNN eine Sternstunde der TV-Unterhaltung unter schweren Bedingungen erleben. Moderator Anderson Cooper hatte Manilow hinter der Bühne im Künstlerzelt am Telefon und ließ sich unter Gelächter im Studio bestätigen, was dieser als nächsten Song geplant hatte: "I Made It Through The Rain" ("Ich habe es durch den Regen geschafft"). Darum gebeten, zögerte Manilow nicht lange und sang, begleitet von einem bereitstehenden Keyboard, den Song kurzerhand ins Telefon.
In die dann folgende spontane TV-Show mischte sich Hoffnung: Cooper erzählte, dass im Hintergrund Konzertveranstalter Clive Davis mit Bürgermeister Bill de Blasio verhandele. Könnten die noch ausstehenden Stars wie Elvis Costello, Patti Smith, The Killers und Bruce Springsteen vielleicht doch noch am späteren Abend ohne Zuschauer ihre Show fortsetzen?
Die Zeit bis zur Beantwortung dieser Frage überbrückte Cooper unter anderem mit spontanen Telefonplaudereien mit Costello und Smith, die hinter der Bühne auf eine Entscheidung warteten. Moderator Stephen Colbert bewies sich als herausragender Gesprächspartner ("Ich muss weg, Schnorchel verteilen") - und schließlich sangen die Killers ihren Hit "Mr. Brightside" improvisiert akustisch, live verwackelt mit dem Handy abgefilmt von King, eigentlich Starmoderatorin vom Konkurrenzsender CBS.
Kurzweilig füllte Cooper die Zeit, bis gegen 22.30 Uhr schließlich das endgültige Aus kam. "Es wird nicht mehr passieren, ich bin am Boden", sagte der Moderator. Im strömenden Regen mussten einige Hundert unerschütterlich ausharrende Fans den Platz vor der Bühne verlassen. Zu sehen waren Helfer, wie sie Instrumente abbauten und sich umarmten. Besser als es bei jedem geplanten Konzert möglich gewesen wäre, hatten viele Menschen in der Stadt aber am Ende bewiesen, was New York besonders gut kann: Aus widrigen Umständen das Beste machen.