40 Jahren „Menschen für Menschen“

Frank Elstner erinnert an Karlheinz Böhm und die wichtigste Wette seines Lebens

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TV-Legende Frank Elstner (79) war vor 40 Jahren Moderator von „Wetten dass..?. Im Interview spricht die TV-Legende über den ungewöhnlichsten Augenblick seiner großen Karriere. 

Es war einer der ungewöhnlichsten Augenblick im deutschen Fernsehen und ein historisches Ereignis in der 40-jägen Geschichte von „Wetten dass..?. Als Star-Gast von Europas erfolgreichster TV-Show wettete der Schauspieler Karlheinz Böhm (..), dass nicht einmal ein Drittel der TV-Zuschauer für hungernde Menschen in Afrika spenden würden. Es war die Geburtsstunde der Stiftung „Menschen für Menschen“, die Böhm wenig später gründete und mit der er bis zu seinem xx gegen das Leid und den Hunger in Äthiopien kämpfte.

Herr Elstner, erinnern Sie sich noch an den Abend des 16. Mai 1981?

Frank Elstner: „Das war ein sehr wichtiger Abend in meinem Leben. Wie wichtig er werden sollte, das hat sich erst später herausgestellt. Denn an diesem Abend – es war erst die dritte Sendung von „Wetten dass.?“– hat Karlheinz Böhm etwas gemacht, womit keiner gerechnet und was uns alle überrascht hat.“ Er hat in Deutschland einen Aufruf im Fernsehen gemacht, dass man den Millionen hungernden Menschen in der Sahelzone endlich helfen muss.“

Karlheinz Böhm sagte: „Ich wette, dass nicht einmal jeder dritte Zuseher eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling für Menschen in der Sahelzone spendet.“

Frank Elstner: „1,2 Millionen D-Mark kamen an diesem Abend zusammen. Ein stolzes Ergebnis, mit dem die Wette allerdings verloren war. Und dennoch war es die wichtigste Wette in der Geschichte von „Wetten dass..?. So wurde vor 40 Jahren der Grundstein für die Stiftung „Menschen für Menschen“ gelegt. Deswegen sage ich heute noch: Die wichtigste von mehr als 2 000 Wetten bei „Wetten dass..?“ war die von Karlheinz Böhm.“

Wussten Sie vor der Sendung von seiner Idee?

Frank Elstner: „Nein – so genau nicht. Er deutete mir vorher nur an, dass er etwas für einen guten Zweck machen wolle. Ich hatte dann gesagt: Mache es, aber nicht zu lang. Ich freue mich noch immer, dass er uns da brutal an die Wand gesprochen hat. Als er dann begann zu predigen und ich in sein ernstes Gesicht sah, wusste ich, dass es jetzt es eine ernste Geschichte wird. Er sagte, man solle das Geld für die Sahelzone einfach an die jeweiligen Bundespräsidenten von Deutschland, Österreich und der Schweiz schicken."

Dachten Sie irgendwann: So ein ernstes Thema hat nichts in einer Unterhaltungssendung zu suchen.

Frank Elstner: „Den Augenblick gab es natürlich. Mit dem Beginn seiner Predigt habe ich schon einen Schreck bekommen und auf die Uhr geguckt. Ich hatte Angst, dass irgendwelche Verwaltungshengste beim ZDF sagen: Um Gottes Willen, wie kann man so eine wichtige Geschichte ohne vorherige Absprache in eine Samstagabend-Sendung packen. Heute aber leben sechs Millionen Menschen von seiner guten Idee. Glücklicherweise hat es ein gutes Ende gefunden.“

Sind Sie Karlheinz Böhm danach noch einmal begegnet?

Frank Elstner: „Ich habe mit Neugier darauf geschaut, was Karlheinz daraus gemacht hat. Ich habe ihn dann zweimal in Äthiopien besucht und einen Film über seine Arbeit gedreht. Dabei wurde mir klar: Dieser Mann hat Dinge geleistet, zu denen ich nicht fähig gewesen wäre.“

Warum nicht?

Frank Elstner: „Karlheinz Böhm hat nach dieser Sendung sein bisheriges Leben komplett aufgegeben und sich nur noch dieser Aufgabe verschrieben. Man muss wissen, dass er bis dahin über Jahrzehnte einer unserer größten Filmstars war. Erst als Kaiser Franz Joseph in den Sissi-Filmen, dann als Star des neuen deutschen Films in der Ära von Rainer Werner Fassbinder in den 70er und 80er Jahren. Plötzlich lebte er nun in völlig bescheidensten Verhältnissen in Äthiopien. Unter welchen Umständen er dort in schon hohem Alter gearbeitet hat – das kann sich kaum einer vorstellen. Ob ich die Kraft und die Nerven gehabt hätte, in einem afrikanischen Land umgeben von hungernden Menschen, die um ihr Leben kämpfen, zu leben - ich glaube es nicht.“

Nun feiert „Menschen für Menschen“ am 20.November mit einer Spendengala das Jubiläum der Stiftung (hier link). 40 Jahre sind seit der Gründung vergangen. Was sind heute die größten Probleme der Menschheit?

Frank Elstner: „Die Not der hungernden Menschen in der Welt begleitet uns leider noch heute. Zunächst einmal wünsche ich mir deshalb, dass die Menschen das Lebenswerk von Karlheinz Böhm mit Spenden weiter unterstützen. Welche Probleme heute dominieren? Seit einigen Jahren mache ich Tierfilme in diesen Regionen. Das große Problem in unserer Gesellschaft ist seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten die große Klimakrise. Das Problem mit der Abholzung der Wälder. Der Lebensraum für Tiere wird ohne Rücksicht zerstört. Ob das die Koalas in Australien betrifft. Die Elefanten in Afrika. Die Orang-Utans in Borneo. Oder das Breitnashorn nördlicher Prägung. Bei einer Reportage habe ich dem letzten Breitbandhorn gegenübergestanden und gedacht: Wenn dieses Tier stirbt, ist eine ganze Rasse ausgestorben. Das ist so, als hätte man einst dem letzten Mammut gegenübergestanden. Ich kann immer wieder nur auf die Trommel schlagen und sagen: Hört endlich auf die Wissenschaftler, hört endlich auf die Klimaforscher.“

Herr Elstner, wenn Sie nun – wie Karlheinz Böhm in Ihrer Sendung vor 40 Jahren – zu Spenden aufrufen könnten…

Frank Elstner: „Der Zoo in Karlsruhe hat eine Initiative für den Artenschutz gegründet. „Herzblut für die Schönheit und Artenvielfalt unseres Planeten“. Ich kenne den Zoodirektor. Ich weiß, dass jede Spende willkommen ist und sinnvoll eingesetzt wird. Die „Artenschutzstiftung Karlsruhe Zoo“ - das wäre eine großartige Adresse.“

13,8 Millionen Menschen sahen am 6. November die letzten „Wetten dass..?“-Sendung mit Ihnen und Thomas Gottschalk. Sollte die Show nach dieser Sensationsquote und den euphorischen Kritiken fortgesetzt werden?

Frank Elstner: „Ich werde einen Teufel tun und dem ZDF irgendwelche Ratschläge geben. Ich habe aber gemerkt, dass die Verantwortlichen in der Lage sind, packende Wette zusammenzustellen und großartige Gäste zu präsentieren. Viel bessere Samstagabend-Unterhaltung kann man nicht machen. Die Frage ist: Hält man über längere Zeit auch junge Leute am Bildschirm. Und hat der Moderator Lust, weiterzumachen. Aber das muss man Thomas fragen.

Jetzt mal Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie es bereut, „Wetten dass..?“ nach nur 39 Sendungen und sechs Jahren abzugeben?

Frank Elstner: „Dass ich die Sendung abgegeben habe, habe ich nie bereut. Ich bin mit Thomas befreundet und er lässt keinen Moment aus, zu betonen, dass er mir wegen „Wetten dass…“ viel zu verdanken hat. Ich bereue nur, dass ich die Rechte an „Wetten dass..?“ zu einem Zeitpunkt an das ZDF verkauft habe, als man dafür noch nicht das Honorar fordern konnte, das heute angemessen wäre.“                         

Y. Heidemanns

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