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Bestellerprinzip: Was ändert sich nun für Mieter:innen?

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In Deutschland ist es bereits seit 2015 Praxis, auch in Norwegen, Holland und Belgien hat sich das Bestellerprinzip längst etabliert. Am 1. Juli wird es nun auch in Österreich eingeführt und am Immobilienmarkt für einige Veränderungen sorgen.

Es waren vorderhand positive Reaktionen, die den finalen Beschluss, das Bestellerprinzip nun denn auch in Österreich anzuwenden, begleitet haben. Immerhin, und das ist die gute Nachricht, fallen ab 1. Juli 2023 für all jene, die eine Immobilie zur Miete suchen, ohne jemanden mit der Suche beauftragt zu haben, die Maklerprovisionen weg – diese betrugen seit 2010 ein Maximum von zwei Bruttomonatsmieten. Künftig zahlt nämlich nur noch der, der anschafft – sprich: ein Vermieter oder Eigentümer, der eine Wohnung vermieten will oder ein:e Wohnungssuchende:r, der/die Makler:innen im Zuge eines Suchauftrags betraut.

Vermieter verzichten auf Makler

So weit, so gut. Wäre da nicht ein Rattenschwanz an Themen, den das Bestellerprinzip nach sich zieht. Und der es in Zukunft weder leichter noch billiger macht, die passende Bleibe zu finden. Um den zu erfassen, reicht ein Blick nach Deutschland, wo das Prinzip bereits seit 2015 gilt. Ebendort, weiß Bernd Gabel-Hlawa, CEO und Gründer der österreichischen Immobilien-Plattform „FindMyHome.at“, „haben viele Vermieter auf den Dienst des Maklers verzichtet. Was zur Folge hat, dass sich Makler vordergründig auf den Verkauf von Immobilien fokussieren, für die das Bestellerprinzip nicht gilt.“

Weniger Aufklärung, weniger Transparenz

Und dies, so Gabel-Hlawa, habe weitreichende Folgen. „Der komfortable und transparente digitale Angebotsmarkt auf den Plattformen wird sich verringern, mit dem Verlust der beidseitigen Interessensvertretung entfällt auch die Aufklärung des Konsumentenschutzgesetzes, wenn der Makler den Vermieter vertritt.“ Immerhin kümmert sich der Makler in der Regel neben der Vermittlung auch um den Mietvertrag, die sorgfältige Kautionsabwicklung, Um- und Abmeldungen uvm.

Die zu erwartenden Folgen benennt Gabel-Hlawa wiefolgt:

  • Altmieter kümmern sich mit dem Einverständnis des Vermieters um neue Mieter und geben den Zuschlag an den Bestbieter der Ablöse.
  • Vermietungsangebote landen in ungeprüften Kanälen wie privaten Social Media Communities.
  • Mietpreise steigen durch Bestbieter-Angebote.
  • Das Prinzip „Wer kennt wen“ kommt wieder in Mode, was nationale und internationale Zuwanderer in den Städten besonders hart trifft.
  • Künftig werden viele Vermieter auch die höhere einseitige Maklerprovision in das Mietangebot einkalkulieren.

Wie am Bazar

Was im Prinzip für alle Suchenden so verlockend klingt, kann deutlich nach hinten losgehen, wie Gabel-Hlawa vermutet. „Mietobjekte im niedrigen und mittleren Preissegment werden mit der neuen Regelung für viele Maklerunternehmen wirtschaftlich uninteressant zu vermitteln. Es werden daher mehr Angebote mit Preiswunsch der Immobilienbesitzer statt marktkonformen Preisen angeboten. Dies führt auch zur Unsicherheit bei Mieterinnen und Mieter. Sprich: Man weiß wie auf einem Bazar nicht mehr, was Hand und Fuß hat."

Wie wird sich die neue Lösung auf die Beziehung zwischen Mieter:in und Makler:in auswirken?

Gabel-Hlawa: „Ich denke immer positiv, daher hoffe ich, dass Immobilienbesitzer und Suchende mit der neuen Regelung die vielseitigen Leistungen eines qualitativen Maklers besser einschätzen und schätzen lernen und als Besteller bereit sind, gebührend zu bezahlen. Wir als Österreichs Qualitätsplattform bemühen uns weiterhin und mehr denn je darum, für Transparenz und ein umfassendes Immobilienangebot mit geprüften Anbietern zu sorgen.“

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