Antisemitismus

85 Jahre nach Pogromnacht kehrt Angst bei Juden zurück

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Seit Wochen verstören Berichte über aufflammenden Juden-Hass - auch in Europa oder den USA. Wohnungen werden mit Davidsternen beschmiert und gekennzeichnet, ein Jude wurde bei einer Demo totgeschlagen. Es erinnert an vergangene Zeiten.

Genau heute vor 85 Jahren begann die systematische Juden-Verfolgung der Nationalsozialisten - die Pogromnacht. 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt, 1.400 Synagogen brannten, 1.300 Menschen wurden getötet.

"So bedroht wie nie seit Holocaust"

Holocaust-Überlebende rufen an diesem traurigen Jahrestag der Pogromnacht zur Hilfe bei der Bekämpfung von Antisemitismus auf. "Juden sind so bedroht wie noch nie seit dem Holocaust", sagte die Überlebende Gabriella Karin der Organisation "Marsch der Lebenden", die nach dem Terroranschlag in Israel am 7. Oktober mit zahlreichen Überlebenden gesprochen hat.

Die aktuelle Situation ist erschütternd, sagte Karin. Israel und die jüdische Gemeinschaft weltweit befänden sich "in einem Kampf um ihre Existenz".

Pogromnacht

Nach den Attacken der Nazis auf Juden und ihre Einrichtungen blieben Straßenzüge völlig demoliert.

© DPA
× Pogromnacht

Welle von Antisemitismus

Am Dienstag war es genau einen Monat her, dass Terroristen der Hamas überraschend Israel angriffen hatten. Rund 1.400 Menschen wurden ermordet, darunter hauptsächlich Zivilistinnen und Zivilisten. Mehr als 240 Geiseln, darunter Kinder, ältere Menschen, Männer und Frauen wurden verschleppt. Die massiven israelischen Gegenangriffe im Gazastreifen lösten weltweit eine Welle von Antisemitismus aus.

Nach Angaben der Organisation "Marsch der Lebenden" zögerten viele ihrer Gesprächspartner "zunächst aus Angst um ihre eigene Sicherheit, sich zu äußern, da sie befürchteten, dass die Preisgabe ihrer Identität sie in unmittelbare Gefahr bringen könnte".

Juden werden heute wieder angegriffen

"Ich bin erschüttert, wenn ich sehe, wie Juden heute angegriffen werden. Juden sind nicht sicher", sagte der Auschwitz-Überlebende Nate Leipciger, der heute in Kanada lebt, der Organisation. Er erinnere sich, wie er als kleiner Bub in Polen aufgewachsen sei und den Aufstieg Nazideutschlands beobachtet habe. "Ich erinnere mich, dass ich auf der Straße angegriffen wurde und man mir zurief: "Dreckige Juden, geht nach Palästina"". Er habe gesehen, wohin Antisemitismus führen könne. "Es begann mit Worten und setzte sich mit Taten fort."

"Habe Angst in die Synagoge zu gehen"

Auch die Holocaust-Überlebende Manja Wallenfels fühlt sich heute nicht mehr sicher: "Ich überlege zweimal, bevor ich meinen Davidstern trage. Ich habe Angst, in die Synagoge zu gehen." Sie hätte sich nie vorstellen können, dass so etwas wieder passieren würde.

"Wir erleben es wieder"

Tirza Halivni, die mittlerweile in Israel lebt, hat die Pogromnacht als vierjähriges Kind erlebt. "Ich hätte nie im Leben gedacht, dass so etwas Schreckliches wie jetzt noch einmal passieren würde", sagte Halivni. Am 7. Oktober sei die Hamas gekommen, um Kinder, Junge und Alte abzuschlachten. "Ich denke zurück an die Zeit vor 85 Jahren, wie schrecklich es war, und hier sind wir und erleben es wieder."  

Erinnerung

Mit einer Kranzniederlegung, einem Gedenkmarsch und einer Gedenkveranstaltung im Parlament erinnert Österreich heute an die Novemberpogrome.  

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