Nach einer Brandserie in Lokalen der "Sunken City" auf der Wiener Donauinsel ist am Mittwoch ein 47-Jähriger am Landesgericht in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden.
Der Mann ist aufgrund einer mittelgradigen Intelligenzminderung und einer schwerwiegenden und nachhaltigen Persönlichkeitsstörung zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig. Vom Vollzug der Unterbringung wurde vorläufig abgesehen.
Der Betroffene wird stationär in einer Betreuungseinrichtung aufgenommen, wo man sich rund um die Uhr um ihn kümmert. Die Versorgung mit Medikamenten ist dort eben so gewährleistet wie die psychiatrische und therapeutische Betreuung. Außerdem wurde dem Mann Bewährungshilfe beigestellt. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.
"Das mach ich nie wieder"
Der keine 1,50 Meter große Mann hatte am 16. März 2023 auf der Donauinsel die "Taverne Sokrates" anzuzünden versucht, indem er mit einer entzündlichen Flüssigkeit getränkte Tücher vor die Türe des Lokals legte und diese in Brand steckte. Feuersbrunst entstand dabei glücklicherweise keine, außer einem verkohlten Türrahmen richtete das Brandgeschehen keinen Schaden an. Anders sah es am 12. Jänner 2024 aus, als der 47-Jährige die Wände und den Boden des "Sansigarden" mit einer brennbaren Flüssigkeit beschmierte, Feuer legte und damit das Lokal abfackelte. Schaden: 200.000 Euro.
Der verhaltensauffällige, kleinwüchsige Mann wiederholte vor Gericht mehrere Dutzende Male "Das mach' ich nie wieder, das war ein großer Fehler", wobei er mit beiden Armen herumfuchtelte, um seine Aussage zu bekräftigen. Seine im Publikum anwesende Mutter weinte und schluchzte während der gesamten Verhandlung, sein Bruder nahm als bestellter Erwachsenenvertreter neben Verteidiger Peter Philipp Platz. Er habe an sich "Angst vor Feuer", bemerkte der 47-Jährige in seiner Einvernahme. Auf die Frage des Richters, weshalb er Feuer gelegt habe, meinte er "Tschuldigung, sorry" und führte ins Treffen, das habe "mit Medikamenten" zu tun gehabt.
In betreuter WG untergebracht
"Die Betreuung des Betroffenen ist ein bisschen auf der Strecke geblieben", legte im Anschluss die psychiatrische Sachverständige Sigrun Rossmanith dar. Dieser sei im Tatzeitraum in einer betreuten WG untergebracht gewesen, wo offenbar nicht darauf geachtet wurde, dass er regelmäßig seine Medikamente einnahm. Es habe am früheren Unterbringungsort auch Schwierigkeiten mit einer anderen Klientin der WG gegeben. Die Brandstiftung sei ein"völlig entgleistes Problemlösungsverhalten" und ein "Hilfeschrei" des Mannes gewesen, befand Rossmanith. Der "körperlich und geistig-psychisch retardierte Betroffene" habe seine Gefühle nicht zu artikulieren vermocht und seine Probleme "nicht reif lösen" können: "Er hat keine Möglichkeit gefunden, das zur Sprache zu bringen."
Auf die Spur des 47-Jährigen war die Polizei nach der Auswertung und dem Abgleich von Videomaterial aus Überwachungskameras gekommen. Der Verdacht, der Mann könnte bereits für zeitlich länger zurückliegende Brände am "Sunken City"-Gelände verantwortlich gewesen sein, ließ sich im Zuge der polizeilichen Ermittlungen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisen.
Die "Sunken City" wird übrigens bald Geschichte sein. Die Stadt Wien gestaltet das 20.000 Quadratmeter große Gelände an der Neuen Donau völlig um und will es nach der Umwandlung der Copa Cagrana zur CopaBeach am gegenüberliegenden Ufer zu einem ganzjährig nutzbaren Erholungsraum machen. "Unser Ziel ist ein urbanes Erholungsgebiet, an dem zum Nulltarif entspannt werden kann. Wichtig sind uns dabei viele konsumfreie Zonen, kostenlose, komfortable Wasserzugänge und Sportmöglichkeiten", meinte Ulli Sima (SPÖ), Stadträtin für Innovation, Stadtplanung und Mobilität, am Mittwoch in einer Aussendung. Wie das Freizeit-Eldorado heißen soll - in Frage kommen "Leuchtturm Mole", "Leuchtturm Bucht", "Lighthouse Bay" oder "Pier 22" - können die Wienerinnen und Wiener bis zum 13. Juni auf https://wienwirdwow.at/namenssuche-sunken-city mitbestimmen.