Neue Kaprun-Klagen

Hinterbliebene kämpfen um 35 Milliarden

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Am 11. November 2000 starben 155 Menschen in Kaprun. Noch heute kämpfen die Opfer für Gerechtigkeit.

Es war ein dunkler Tag in der Geschichte der Zweiten Republik, als 155 Skifahrer in der Gletscherbahn von Kaprun erstickten und verbrannten. Seit damals kämpfen elf Überlebende und 400 Angehörige der Opfer für Gerechtigkeit.

Einzelklagen
Nun dürften die meisten ihrem Ziel einen Schritt näher gekommen sein. Denn 300 von ihnen haben sich in einem Verfahren in den USA angeschlossen, wie Opfer-Anwalt Ed Fagan bestätigt.

Fagan war zwar im Frühjahr in den USA mit einer Sammelklage abgeblitzt. Jetzt aber gelang es ihm, dort Einzelklagen gegen jene Firmen einzubringen, die am Bau der Gletscherbahn beteiligt waren und ihren Sitz in den USA haben.

35 Milliarden-Klage
Die New Yorker Richterin Shira Scheindlin hat bereits Gerichtstermine anberaumt. Insgesamt zehn Klagsansprüche hat jedes Opfer am 8. September eingebracht. Forderung pro Anspruch: 15 Millionen US-Dollar. Würde die Justiz den Klagen voll nachkommen, bekäme jedes Opfer 150 Mio. Dollar; alle 300 Kläger zusammen also sensationelle 45 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 35 Milliarden Euro).

Der Weg zum Geldtopf ist freilich steinig. Denn im nächsten Schritt sind die geklagten Unternehmen (darunter etwa Siemens, Bosch oder ExxonMobil) am Wort. Alle haben bis 2. Oktober Zeit, Einspruch zu erheben. Anwalt Fagan: „Einfach wird das nicht gehen, denn die US-Gerichte nehmen diese Causa extrem ernst.“

Gerechtigkeit
In Österreich wurden Überlebende und Angehörige der Opfer mit insgesamt 16 Millionen Euro abgefertigt. „Eine Verantwortung übernehmende Entschuldigung hat es aber bis heute nicht gegeben“, merken die Opfer-Anwälte Gerhard Podovsovnik und Herwig Hasslacher an.

Die Geschehnisse rund um die Kaprun-Katastrophe

  • 11. November 2000: Um 9.10 Uhr bricht in einer Kabine der Gletscherbahn Feuer aus.
  • 24. November 2000: Alle 155 Opfer sind geborgen und werden zur Identifikation in die Gerichtsmedizin gebracht.
  • 6. September 2001: Das erste Gutachten wird präsentiert, in der die Version des defekten Heizlüfters bestätigt wird.
  • 18. Juni 2002: Der erste Kaprun-Prozess gegen 16
  • Beschuldigte beginnt.
  • 19. Februar 2004: Das erste Urteil: 16 Freisprüche.
  • 27. September 2005: Das Oberlandesgericht Linz
  • bestätigt das Ersturteil.
  • 24. März 2006: Die Kaprun-Vermittlungskommission spricht den Opfern 16 Millionen Euro Entschädigung zu.
  • 8. September 2006: Zehn Überlebende des Dramas und 290 Angehö rige von Todesopfern bringen neue Klagen in den USA ein – Richterin Shira Scheindlin in New York. Streitwert: 35 Milliarden Euro.
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