Verstöße gegen die Absonderung

Hunderte Quarantäne-Sünder bestraft

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Quarantäne-Lockerungen kommen für Hunderte zu spät: Sie wurden verurteilt.

Wien. Es ist nicht allzu lange her, da mussten selbst gestandene Strafrechtler erst einmal nachblättern, was sich hinter den Paragrafen 178, 179 Strafgesetzbuch verbirgt. Heute ist ihnen der Gesetzestext in Fleisch und Blut übergegangen. Kein Wunder: In den vergangenen Pandemiejahren wurden hunderte Österreicher vor Gericht verdonnert, weil sie gegen die Quarantänebestimmungen verstoßen und damit fahrlässig oder vorsätzlich eine Handlung begingen, die geeignet war, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit herbeizuführen. Auf gut Deutsch: Sie nahmen in Kauf, trotz positiven Corona-Tests und angeordneter Absonderung andere anzustecken.

Gerichte kannten kein Pardon

Die Strafandrohung bis zu drei Jahren Haft ist heftig, die Gerichte kannten kaum Pardon und langten teils kräftig hin. Den Anfang machte die Justiz in Kärnten. Das Landesgericht Klagenfurt verurteilte im Juli 2020 eine Bosnierin zu sechs Monaten bedingter Haft und 100 Tagessätzen Geldstrafe. Die 49-Jährige hatte trotz Absonderungsbescheids einen Supermarkt aufgesucht und in einem Postamt eine Geldüberweisung ins Ausland getätigt.

Hunderte Quarantäne-Sünder bestraft
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Präzedenzfall. In Klagenfurt wurde der Prozessreigen eröffnet.

Sogar Gang zu Mülltonne bestraft

Von da an ging es Schlag auf Schlag. Allein im ersten Halbjahr 2020 erhoben die Staatsanwaltschaften in Wien und im Bund 34 bzw. 94 Anklagen gegen Quarantänesünder: gegen einen Bauarbeiter in der Bundeshauptstadt, der trotz Infektion munter weiterbaggerte, gegen den Leiter eines Seniorenheims in Vorarlberg, der trotz Erkrankung arbeitete, ­gegen eine Friseurin in Oberösterreich, die ihren Salon auch coronapositiv betrieb, oder den Besitzer eines Fitnesscenters aus Niederösterreich, der aus Existenzangst nicht in der Quarantäne verblieb. Selbst das illegale Hinaustragen des Hausmülls wurde geahndet, das verbotene Gassigehen mit dem Hund oder die nächtliche Joggingrunde. Ganz dumm lief es für einen Oberösterreicher, der in der Quarantäne einen Verkehrsunfall baute und sich quasi unfreiwillig selbst der Polizei stellte.

Anklagen noch nicht abgearbeitet

Dutzende solcher Verfahren liegen bei den Gerichten im Lande noch auf. Sie müssten wohl noch nach den alten Quarantäneregeln entschieden werden. Auch wenn bis dahin durch die neuen Verordnungen die alten ad absurdum geführt würden.

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