Schock in Tirol

"Ich saß fünf Stunden im Ski-Lift"

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Drama in den Tiroler Bergen: Ein Deutscher war stundenlang am Sessellift gefangen. Nun entbrennt ein skurriler Streit um die Unfallursache.

Ein 20-Euro-Schein rettete ihm das Leben. Erleichtert, aber heiser erzählt Dominik Podolsky (22) seine Story. Der Münchner ist noch immer geschockt, was er in der Nacht zuvor in den Tiroler Bergen erleben musste. Dominik war fünf Stunden lang bei minus 18 Grad am Sessellift gefangen. Nur weil er seinen letzten Geldschein anzündete und ein Pistenraupenfahrer das Lichtzeichen erkannte, überlebte er.

Das Protokoll: Samstag früh macht sich der 22-Jährige mit Freunden auf in Richtung Hochzillertal. Das Wetter ist perfekt, der Himmel wolkenlos. Dominik leiht sich ein Snowboard aus – endlich will er den trendy Sport erlernen. Doch das ist nicht so leicht: Schnell gelangt er an seine körperlichen Grenzen – um 16 Uhr ist er mit den Kräften am Ende. Dominik trennt sich beim 6er-Sessellift „Sonnenjet“ von seinen Freunden. Seine Idee: Er will per Bahn ins Tal abfahren – obwohl bereits 20 Minuten Liftschluss ist.

Liftbetreiber: „Er kletterte über die Absperrung“
So klettert der 22-Jährige auf 2.300 Meter in den vermeintlich sicheren Sessellift. Heinz Schultz vom Skigebiet Hochzillertal: „Es ist nicht genehmigt, dass man von dort aus talwärts fährt. Der Mann hat Absperrungen missachtet. Die letzte Kontrollfahrt war längst absolviert.“ Podolsky sagt im Interview mit ÖSTERREICH (siehe rechts), dass er noch einen Liftwart gesehen haben will.

Wenige Sekunden später hält der Lift. Der junge Mann hängt zwölf Meter über der Piste fest – bei minus 18 Grad. Stunden vergehen. Dominik schreit – doch weder Pistenraupenfahrer noch Skifahrer hören ihn. Es wird 17.30 Uhr: Im Tal treffen sich die Freunde zur Rückfahrt, sie benachrichtigen die Bergbahnen.

Geldscheine angezündet
Um 18 Uhr beginnt die Suche. Doch die Retter finden niemanden auf der Piste. So wird er um 19.45 Uhr bei der Alpinpolizei als vermisst gemeldet. „Wir haben alle Lokale und Bars abgeklappert, keine Spur“, sagt Peter Zeller.

Der Deutsche leidet alle Qualen, ist durchnässt und friert. Mit dem Feuerzeug zündet er Taschentücher und Geldscheine an. Um 22.05 erkennt der Pistenraupenfahrer Josef Rissbacher das Lichtzeichen – Dominik ist gerettet. Mit Unterkühlung wird er ins Spital gebracht. Noch in der Nacht fährt er wieder nach München. Dreist: Jetzt überlegt der Unglücksvogel eine Klage gegen die Bergbahnen.

Interview: „Ich habe Taschentücher und Geld angezündet.“

ÖSTERREICH: Wie kam es zu dem eisigen Malheur im Zillertal?

Dominik Podolsky: Ich war im Skigebiet Hochzillertal unterwegs. Es war bereits 16 Uhr und ich musste meine Rückfahrt um 17.30 Uhr nach München schaffen.

ÖSTERREICH: Was war dann Ihr Plan?

Podolsky: Ich wollte mit dem Sessellift ins Tal fahren und stieg bei der Bergstation ein.

ÖSTERREICH: Kein guter Einfall, oder?

Podolsky: Nein. Plötzlich hielt der Lift. Ich sah unten noch Skifahrer und Pistenraupen und habe geglaubt, dass es bald wieder weitergeht. Aber da habe ich mich geirrt.

ÖSTERREICH: Wie erging es Ihnen so alleine da oben?

Podolsky: Es wurde immer kälter, ich war total durchnässt vom Boarden. Ich schrie und schrie, aber niemand hörte mich. Ich war einfach zu leise und die Motoren der Pistenraupen zu laut. Dann hab ich die Haube des Sessellifts geschlossen, um mich aufzuwärmen.

ÖSTERREICH: Und dann?

Podolsky: Ich hatte kein Handy dabei. Mit dem Feuerzeug habe ich meine Taschentücher und Geldscheine angezündet. Irgendwann, es war der letzte Geldschein, hat mich ein Pistenraupen-Fahrer gesehen, ich war gerettet.

ÖSTERREICH: Machen Sie den Bergbahnen jetzt irgendeinen Vorwurf?

Podolsky: Ja, auf jeden Fall. In allen Skigebieten ist um 16.30 Uhr noch einmal eine Kontrollfahrt. Zudem hat mich oben, wo ich eingestiegen bin, noch ein Liftwart gesehen.

ÖSTERREICH: Und jetzt?

Podolsky: Ich werde mich mit meinem Anwalt besprechen. Meinem Retter will ich aber danken.

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