Die Standpunkte haben sich gedreht: Haben die Gewerkschaften früher auf längere Inflationszeiträume geachtet, sind es nun die Arbeitgeber.
Wien. Nachdem auch in der vierten Verhandlungsrunde zu den Kollektivverträgen (KV) der Metalltechnischen Industrie (FMTI) keine Einigung erzielt wurde, sind am Mittwoch die Warnstreiks in 50 Betrieben angelaufen. Morgen und übermorgen werden fast 300 Betriebe dazu kommen. Bei diesen Warnstreiks sollen weitere befristete Streiks kommende Woche am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag beschlossen werden.
Betroffen wird die gesamte Metallindustrie sein, neben den Verhandlungen mit dem FMTI laufen derzeit auch die KV-Runden für die anderen Metallsparten, inklusive dem Metallgewerbe. Das Streikziel ist nicht nur ein Abschluss wie gefordert - 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt, höhere Lehrlings- und Schichtzulagen -,sondern auch ein gemeinsamer Kollektivvertrag für alle Metallsparten, so die Gewerkschaften PRO-GE und GPA.
Heftiger Protest der Arbeitnehmer
Denn dass die Metaller getrennt verhandeln, ist noch nicht so lange her. Nach heftigem Protest der Arbeitnehmer setzten sich die Arbeitgeber im Jahr 2012 durch und erreichten eine Aufsplittung der Metaller-Lohnrunde in sechs getrennte Fachgruppen. Die Arbeitnehmer wiederum bewiesen auch einen langen Atem und setzten seitdem durch, dass zwar getrennt verhandelt wird, die Abschlüsse aber alle gleichhoch sind.
Christian Knill, Chef des FMTI, hat am Mittwoch im "Ö1-Mittagsjournal" einmal mehr betont, dass bisher in den Lohnrunden immer über der Inflationsrate abgeschlossen wurde. Wobei das diesmal schwierig wird: Traditionell wird die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate herangezogen - was den Gewerkschaften angesichts sinkender Teuerungsrate in den vergangenen Jahren durchaus recht war. Heuer ist es allerdings anders - die Teuerung der letzten zwölf Monate lag bei 1,89 Prozent, aktuell legte der Warenkorb aber deutlich über drei Prozent zu. Und nachdem der Standpunkt die Sichtweise bestimmt, haben sich heuer die Rollen innerhalb der Sozialpartnerschaft gedreht.
14 Stunden lang verhandelt
Von gestern auf heute hatten die Arbeitgeber- und -nehmer knapp 14 Stunden lang in der Wirtschaftskammer in Wien verhandelt. Das Angebot der Arbeitgeber sei "weiterhin unzureichend", teilten PRO-GE und GPA nach der Verhandlungsunterbrechung mit. Laut Arbeitgebern wurde ein Plus von 2,75 Prozent geboten, mit weiteren Erhöhungen bei Zulagen habe das Angebot bei über drei Prozent gelegen. Die Arbeitnehmer fordern aber 4,5 Prozent Plus, auch wenn sie dem Vernehmen nach den Arbeitgebern etwas entgegengekommen sind.