Fall Kampusch

Natascha am Tag danach

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Der erste Auftritt in der Öffentlichkeit ist vorbei. Jetzt beginnt das Leben danach - vielleicht mit Matura und als Buchautorin.

Mittwoch 20.15 Uhr. Natascha sitzt gebannt vor dem Fernseher auf der Station im AKH-Wien. Um sie herum bestaunen gleichaltrige Patienten den mutigen Auftritt. Von ihren Freunden im Spital bekommt sie Lob und Anerkennung für das Interview, sie selbst reagiert kritisch: Ärgert sich über ihre angeblich krächzende Stimme, das verrutschte lila Kopftuch und ihre rote Nase.

Der Tag danach
Erleichtert wachte Natascha Kampusch gestern Morgen auf. Der erste Auftritt in der Öffentlichkeit ist vorbei. Mittlerweile sei Natascha nicht mehr so aufgewühlt, meint Psychologin Waltraud Bangerl, „Natascha war anfangs sehr gespannt. Sie hat kaum geschlafen. Jetzt kann sie lachen, zeigt Humor. Wir spielen Karten mit ihr.“

Eigene Wohnung
Noch sieben bis zehn Tage wird Natascha im AKH verbringen, dann soll sie in eine betreute Wohnung ziehen. Den Wohnungskoordinator lernte sie gestern bei einem Spaziergang kennen. Für das Leben danach wird sie viel Hilfe brauchen: „Entscheidungen, die für andere normal sind, kann sie wahrscheinlich nicht alleine treffen. Etwa beim Einrichten oder bei Einkäufen sollte sie von jemandem begleitet werden. Sonst wird sie eventuell über den Tisch gezogen“, meint Betreuer Friedrich. Gestern Vormittag bekam Kampusch von den Ermittlern ein Paket mit persönlichen Gegenständen aus der Zeit der Gefangenschaft.

Eifrig liest Kampusch gerade die unzähligen Medienberichte über ihren Fall: „Sie ist sehr gespannt auf diese Rückmeldungen“, sagt die betreuende Krankenschwester Elisabeth Sonnleitner, für Natascha sind sie wie ein Spiegel ihrer Selbst.

Ihre Zukunftspläne
Natascha Kampusch weiß genau, was sie will. Ihre Anwälte sondieren gerade, wie sie das Haus, in dem sie acht Jahre lang festgehalten wurde, bekommen könnte. Im Rahmen des „Verbrecheropfergesetzes“ könnte ihr das Haus als Entschädigung zugestanden werden. Der Mutter will sie allerdings lebenslanges Nutzungsrecht zugestehen.

Außerdem plant sie ein Buch. Die Story hat sie bereits im Kopf. Auch ihre Schulbildung will sie nachholen. Es wird an einer Idee gearbeitet, wie sie die Matura ohne Pflichtschul-Abschluss absolvieren könnte. Die Jugendanwältin Monika Pinterits hat andere Pläne: „Ich würde am liebsten mit Natascha in die Karibik fahren, dort in Ruhe am Strand liegen und einfach Kraft sammeln. Mit weiteren öffentlichen Auftritten sollen wir sie jetzt nicht quälen.“

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