Breite Kritik

Einspeisegebühren: Land fordert Kurskorrektur beim Stromgesetz

Niederösterreich geht auf Konfrontation mit dem Bund wegen der Netzgebühren im Stromgesetz. Die Kritik an der Belastung privater Einspeiser wird immer lauter und der Ton zwischen Land Niederösterreich und der Regierung wird schärfer. 

Ein Gesetz entfacht den Zorn eines ganzen Bundeslaneds. In Niederösterreich formiert sich breiter Widerstand gegen geplante Netzgebühren für eingespeisten Solarstrom im neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz. Während Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) eine "Strompreis-Runter-Garantie" verspricht, fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger von der Politik im Stich gelassen. Über 400 Stellungnahmen sind bereits eingelangt. Am Freitag endete die Begutachtungsfrist. Besonders Eigentümer von Photovoltaikanlagen sehen sich durch die neuen Regeln ungerecht behandelt.

„Häuslbauer bestrafen? Das geht sich nicht aus“

Die Gebühren sollen für alle gelten, die selbst erzeugten Strom ins Netz einspeisen. Genau das bringt engagierte Häuslbauer in Rage. In Niederösterreich kommt die schärfste Kritik aus der Landesregierung. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) stellt klar, dass es hier um Gerechtigkeit gehe. "Häuslbauer für ihre Investitionen in die Energiewende zu bestrafen, das geht sich nicht aus", so Mikl-Leitner. Das Land fordert eine Trennung zwischen privaten Haushalten und gewerblichen Großanlagen. Auch Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) und Oberösterreichs Energielandesrat Markus Achleitner (ÖVP)schlagen Alarm. Sie warnen davor, das Vertrauen in die Energiewende zu verspielen. Die Arbeiterkammer Niederösterreich spricht von einer sozialen Schieflage. Präsident Markus Wieser fordert mehr Förderung für Stromspeicher und warnt vor einer Überlastung der Netze.

Energiewende unter Druck

Zunehmend melden sich auch Umweltschutzorganisationen zu Wort. Fridays for Future und Global 2000 vermissen im Gesetz ein klares Bekenntnis zur Klimaneutralität. Die Grünen wollen die Pläne in dieser Form nicht mittragen. Helga Krismer warnt vor einem energiepolitischen Rückschritt. Die Industriellenvereinigung verteidigt hingegen die Gebührenregelung. Nur wer Speicher nutzt, solle entlastet werden. 

Für den Beschluss im Parlament ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Die Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS braucht also auch die Stimmen der Grünen oder der FPÖ. Die Grünen kündigten bereits an, bei den Netzentgelten für PV-Strom "dagegenhalten" zu wollen. Die FPÖ erklärte, das Ziel des Gesetzes müsse sein, die Energiekosten zu senken und verwies auf die hohen Steuern und Abgaben auf Strom. 

Minister verteidigen größte Stromreform seit 20 Jahren 

Bundesminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Staatssekretärin Elisabeth Zehetner hoben zum Ende der Begutachtungsphase die Dimension der Reform hervor. Mehr als 460 Stellungnahmen seien eingegangen, fast die Hälfte aller parlamentarischen Rückmeldungen zu Regierungsgesetzen in dieser Legislaturperiode betreffe allein das neue Strommarktgesetz. "Eine Strommarktreform ist notwendig und überfällig. Wir brauchen rasch günstigere Preise, stabilere Netze und mehr Tempo in der Energiewende“, so Hattmannsdorfer.

Die Gesetzesvorlage mit 140 Seiten und 182 Paragraphen solle das Stromnetz fit machen für Photovoltaik, Speicher und E-Autos. Der Minister verwies darauf, dass der Netzausbau mit dem PV-Boom nicht Schritt gehalten habe und dies die Kosten treibe. Alle Rückmeldungen würden nun geprüft, bevor die Vorlage ins Parlament komme, wo für eine Beschlussfassung eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten