Prozess

Fünf Tote wegen Listerien: Käsereichef vor Gericht

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Der Prozess rund um den ehemaligen Chef der mittlerweile geschlossenen Käserei Gloggnitz steht unter anderem wegen grob fahrlässiger Tötung in fünf Fällen vor Gericht. 

Ein Prozess um Listerien-Todesfälle und -Erkrankungen ist am Donnerstag in Wiener Neustadt fortgesetzt worden. Dem ehemaligen Chef der inzwischen geschlossenen Käserei Gloggnitz, Bezirk Neunkirchen, wird grob fahrlässige Tötung in fünf Fällen und grob fahrlässige schwere Körperverletzung beziehungsweise grob fahrlässige Körperverletzung in je drei Fällen angelastet. Er bestreitet die Vorwürfe. Der zuständige Lebensmittelinspektor berichtete als Zeuge von Mängeln in dem Betrieb.

Der Angeklagte soll Hygienebestimmungen missachtet, vom Lebensmittelinspektor aufgetragene Mängelbehebungen unter anderem aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt und Gerätschaften nicht in Stand gehalten haben. Der aus Serbien stammende 39-Jährige hatte sich zum Start der Einzelrichterverhandlung im September nicht schuldig bekannt und ausgesagt, dass es nie Hygieneprobleme gegeben habe.

Der Beschuldigte, der wegen Vollmachtsauflösung am Donnerstag nicht mehr anwaltlich vertreten war, wollte laut Dolmetscher keine weiteren Angaben mehr machen: "Ich ersuche das Gericht, mich zur Höchststrafe zu verurteilen, damit wir das beenden." Die Kündigung der Vollmacht war mit 6. November bei Gericht angelangt. Da kein Anwaltszwang besteht, wurde die Verhandlung fortgesetzt.

Massive Mängel im Betrieb

Die Dokumentation mit Prüf- und Kontrollberichten zu der Käserei umfasst laut der Richterin rund 800 Seiten für einen Zeitraum von fünf Jahren bis September 2022. Der zuständige Lebensmittelinspektor beschrieb den Betrieb als "sehr kompliziert": Kontrollversuche blieben oft vergeblich, weil keine Regelmäßigkeit in der Produktion erkennbar gewesen sei. Dennoch sei die Käserei "nie besonders auffällig" gewesen. Im Produktionsraum hatten Reinigung und Desinfektion laut dem Zeugen "nie besonders vernachlässigt" ausgesehen.

Gegen Ende hin seien die Mängel aber "massiver" geworden, sagte der Lebensmittelinspektor. Im Zuge einer Kontrolle Ende 2021 wurde Schwarzschimmelbildung festgestellt. Der Zeuge berichtete auch von baulichen Mängeln in dem Betrieb, so wurde etwa eine Fußbodensanierung im Reiferaum für Kajmak und Schutz gegen das Eindringen von Ungeziefer wie Mäusen und Ratten in den Produktionsbereich vorgeschrieben. Zusagen seien vom Unternehmen aber nur teilweise eingehalten geworden, sagte der Lebensmittelinspektor. Die Mängelbehebung wurde per Bescheid vorgeschrieben, es wurde auch Anzeige erstattet.

Bereits 2018 waren Listerien in Gullyproben im Reiferaum der Käserei nachgewiesen worden. Im Jahr darauf fiel eine Überprüfung erneut positiv aus. In den Produkten selbst sei damals "nichts nachweisbar" gewesen, sagte der Lebensmittelinspektor. Nach 2019 wurde Kajmak der Käserei nicht mehr auf Listerien untersucht. Von März 2020 bis Oktober 2022 gab es laut der Richterin nachweislich Gesundheitsschädigungen oder Todesfälle durch kontaminierte Lebensmittel.

Befragt wurden auch drei frühere gewerberechtliche Geschäftsführer. Die Firma hatte offene Rechnungen über Reinigungsmittel, berichtete einer davon. Eine Frau meinte sinngemäß, der Angeklagte habe das letzte Wort gehabt. Zum Ausliefern der Ware wurden laut Zeugen zwei Kühltransporter - bei einem davon war den Aussagen zufolge nicht klar, ob die Kühlung auch funktionierte - sowie ein weiteres Fahrzeug, das nur eine Isolierung hatte, eingesetzt. Eine ehemalige Mitarbeiterin hatte am ersten Prozesstag von zwei toten Ratten im Lagerraum und im Kaffeeautomaten berichtet.

Im September 2022 wurde laut Staatsanwaltschaft ein Bakterienstamm u. a. im Reiferaum des Betriebs nachgewiesen, die Produktion wurde per Bescheid untersagt. Das Unternehmen rief Kajmak, Trinkjoghurt und Frischkäse zurück. Zuvor hatten routinemäßig durchgeführte Clusteranalysen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ergeben, dass mehrere Erkrankungen in Wien auf einen identen Listerienstamm zurückzuführen sind.

Fünf Menschen starben nach dem Verzehr kontaminierter Produkte. Zwei Personen erlitten eine dauerhafte Hirnschädigung, drei weitere eine chronische Nierenschwäche, Lungenentzündungen oder ausgeprägte Schwächezustände. Bei einer Frau kam es wegen einer Listeriose zu einer Frühgeburt. Das Baby musste künstlich beatmet werden und erlitt eine lebensbedrohende Sepsis.

Das Unternehmen meldete Ende 2022 zum zweiten Mal Insolvenz an. Ein Konkursverfahren war die Folge. Mit Beschluss vom 12. April wurde die Schließung der Käserei angeordnet. Bei Gericht wurden auch weitere Opfer befragt sowie ein Sachverständigengutachten erörtert. Das Urteil steht aus. 

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