Republik winkt ab

Hitler-Geburtshaus steht zum Verkauf

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Für zahlreiche ehemalige NS-Immobilien werden Geldgeber gesucht.

Der Umgang mit NS-Immobilien wirft in Oberösterreich auch heute noch Fragen auf. In Braunau beispielsweise steht das Hitler-Geburtshaus zum Verkauf. Und in St. Georgen wartet das größte Nazi-Bauwerk Österreichs auf einen neuen Besitzer, der es einer würdigen Nutzung zuführt und diese vor allem auch bezahlen kann. In den vergangenen zehn bis 20 Jahren sei bei vielen Menschen eine zunehmende Sensibilität für historisch belastete Orte zu beobachten, sagt die Historikerin Heidemarie Uhl von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Staat will Hitler-Geburtshaus nicht kaufen
Im Hitler-Geburtshaus ist derzeit die "Lebenshilfe" untergebracht, sie zieht aber demnächst aus. Die Frage, was dann mit dem Gebäude, dessen kolportierter Wert bei 2,2 Mio. Euro liegt, geschehen soll, findet bereits international mediale Beachtung. Bürgermeister Gerhard Skiba (SPÖ) wünscht sich ein "Haus des Friedens" für soziale Projekte und Ausstellungen. Damit es nicht in falsche Hände gerät, solle es die Republik kaufen, schlägt er vor. Innenministeriums-Sprecher Rudolf Gollia winkte aber bereits ab.

Stollenanlage St. Georgen soll öffentlich zugänglich werden
Eine andere heiße Kartoffel ist die unterirdische Stollenanlage in St. Georgen an der Gusen, wo zu Kriegsende unter dem Tarnnamen "Bergkristall" Teile der Messerschmitt-Flugzeugproduktion untergebracht waren. Nach Kritik an der teilweisen Verfüllung der baufälligen Gänge hatte die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) im Sommer angeboten, die Anlage ohne Gegenleistung abzugeben - wohl ohne große Hoffnung, tatsächlich einen Interessenten zu finden.

Martha Gammer vom Gedenk-Komitee stößt vor allem sauer auf, das Gusen trotz seinen fast 36.000 Toten kaum in der gesellschaftlichen Wahrnehmung präsent ist. Denn in dem KZ waren zeitweise mehr Menschen interniert als im Hauptlager Mauthausen. Gammer will daher, dass wesentliche Teile der Stollenanlage erhalten und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dafür wären aber mindestens drei Mio. Euro nötig.

Innenministerium, BIG, Gemeinde und Gedenk-Komitee haben sich zwar auf ein Nutzungskonzept geeinigt, die finanzielle Frage ist aber offen. Derzeit zeichnet sich als möglicher Kompromiss ab, zumindest ausgewählten Gruppen eingeschränkten Zugang zu ermöglichen. Außerdem soll Gusen im Zuge der Neugestaltung von Mauthausen Teil einer Gedenklandschaft werden. Bis dahin dürfte aber noch viel Zeit - im Innenministerium rechnet man mit zehn Jahren - vergehen.

Heftige Diskussion um Schutz von NS-Bauwerken
In Linz hat sich mittlerweile eine hitzige Diskussion an der Frage entzündet, wie schützenswert NS-Bauten generell sind. Der wahrscheinlich größte Stein des Anstoßes ist der geplante Umbau der Brückenkopfgebäude, in denen die Kunstuniversität untergebracht ist. Unbewältigte Probleme sind dabei 17 Mio. Euro Investitionskosten und die Frage des Denkmalschutzes. Die Stadt, die Hitler zu einer NS-Kulturmetropole machen wollte, sei unter allen österreichischen Städten hier wohl am stärksten betroffen, meint Uhl.

In Berlin beispielsweise habe man sich mit dem Projekt "Topographie des Terrors", das durch die Schaltstellen der Macht des "Dritten Reichs" führt, an die Aufarbeitung der Geschichte gemacht, schildert Uhl ein internationales Beispiel. Aber auch in Oberösterreich gebe es Vorbilder wie etwa das Schloss Hartheim bei Alkoven: In der ehemaligen NS-Euthanasieanstalt, in der nahezu 30.000 Menschen ermordet wurden, ist unter anderem die Ausstellung "Wert des Lebens" untergebracht. Neben dem Gedenken und der Aufarbeitung wird dort auch der heutige Umgang der Gesellschaft mit beeinträchtigten Menschen thematisiert.

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