Diagnose schwierig

Peitschenschlag-Syndrom sorgt für Diskussionen

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Das Peitschenschlag-Syndrom bleibt nicht nur weiterhin ein Mysterium, sondern sorgt bei Versicherungen zunehmend für schlechte Laune.

Keine Diagnosemöglichkeit
Die Opfer klagen oft erst einige Stunden oder Tage später über Probleme im Hals- und Nackenbereich oder Kopfschmerzen. Trotz modernster Technik gibt es nach wie vor keine Diagnosemöglichkeit. Während bereits Pläne zur Streichung der Schadenersatz-Zahlungen gewälzt werden, kritisierte nun der ÖAMTC die Versicherungen für ihre "Pauschalverdächtigungen".

Opfer wie Versicherungsbetrüger behandelt
"Mehrere tausend Unfallopfer bemühen sich jährlich um die Durchsetzung ihrer Schmerzensgeld-Ansprüche. Viele unter ihnen fühlen sich aber bald wie Versicherungsbetrüger behandelt", sagte ÖAMTC-Präsident Werner Kraus am Donnerstag anlässlich eines Symposiums in Wien. Die Symptome seien vielfältig, oft verschwinden diese bald wieder, für manche beginne aber erst dann ein langer Leidensweg.

11 km/h Unterschied als Grenze
Unterhalb eines aufprallbedingten Geschwindigkeitsunterschiedes von elf km/h sind Schmerzensgeldforderungen der allgmeinen Meinung nach völlig unbegründet. Derartige allgemeine Formeln sind aber laut Hoffer sehr umstritten: "Die neuere deutsche Rechtsprechung geht bereits von den Bagatellgrenzen ab." Daten aus Kanada, die zeigen, dass nach Einführung einer Bagatellgrenze die Zahl der Peitschenschlagverletzungen binnen eines Jahres um 30 Prozent zurückgegangen sind, lassen Hoffer unbeeindruckt: "Das beweist lediglich, dass mindestens 70 Prozent der Ansprüche berechtigt waren."

Keine sichere Diagnosemöglichkeit
Die Diagnose selbst stelle eine große Herausforderung dar, erklärte Bertram Geigl vom Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz: "Bei einem Großteil der Verletzungen sind trotz modernster Diagnostikmethoden wie Computer-Tomografie oder Magnetresonanz vielfach keine objektiven Verletzungsanzeichen feststellbar." Deshalb beeinflussen Vorurteile gegen "unerklärliche" Peitschenschlag-Verletzungen die medizinische Behandlung der Betroffenen und besonders die Begutachtung der Verletzungen in Gerichtsverfahren wegen Schmerzensgeld.

25 Mio. Euro Kosten jährlich
"Fast zehn Prozent des gesamten Aufwandes der Versicherer für Personenschäden entfallen auf Peitschenschlag-Verletzungen", so Roman Sadler von der Generali Versicherung. Seit den 90er Jahren komme es zu " Peitschenschlag-Epidemien". Die jährlichen Kosten betragen in der EU zumindest zehn Milliarden Euro pro Jahr. "Allein in Österreich belaufen sich die Kosten für Schmerzensgeld-Zahlungen nach Halswirbelsäulen-Verletzungen auf mehr als 25 Millionen Euro jährlich. " Eine gewissenhafte Prüfung von Forderungen liege im Interesse aller Prämienzahler und qualifiziere den Verletzten nicht als Simulant. Außerdem drohen bei zu großzügiger Zahlungspraxis Prämienerhöhungen.

Auto-Sicherheitstechnik suboptimal
Hinter der dramatischen Zunahme von Peitschenschlag-Verletzungen stehe laut Rechtsanwalt Markus Frank nicht ein kollektiver Peitschenschlag-Betrug, sondern eine " suboptimale" Entwicklung in der Auto-Sicherheitstechnik. "Sehr steife Autos schützen beim Crash zwar vor der Beschädigung der Fahrgast-Zelle - haben aber das Risiko von Beschleunigungs-Verletzungen seit den 90er Jahren verdoppelt, besonders beim Heck-Crash. Beim Schutz vor Peitschenschlag-Verletzungen komme Autositzen und Kopfstützen eine besondere Bedeutung zu.

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