Oberstes tschechisches Verwaltungsgericht hält Verschleierungspraxis des Temelin-Betreibers für gesetzeswidrig.
Die Gegner des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin haben vor Gericht einen Etappensieg erzielt. Tschechiens Oberster Verwaltungsgerichtshof erklärte die Praxis des Temelin-Betreibers CEZ, die Herausgabe von Informationen unter Hinweis auf das "Betriebsgeheimnis" zu verweigern, für gesetzwidrig. Die tschechische Atom-Aufsichtsbehörde SUJB habe mit der Weigerung, Informationen weiterzugeben, "einen Fehler" gemacht, sagte die Sprecherin des tschechischen Höchstgerichts, Sylva Dostalova, am Dienstag laut der Nachrichtenagentur CTK.
Klage wegen Informationsdefiziten
Der Verwaltungsgerichtshof
bestätigte damit ein vorangegangenes Urteil des Prager Gerichts, das einer
tschechischen Anti-Atomenergie-NGO Recht gegeben hatte. Die NGO "In der
Notfallszone des Temelin-AKW" hatte Klage gegen die tschechische
Atomaufsicht eingebracht, weil diese Informationen über Defekte und Mängel
in Block 1 des AKW Temelin unter Verschluss gehalten hatte. Begründet hatte
dies die Behörde mit der Position von CEZ, wonach es sich um ein
Betriebsgeheimnis handle. Die NGO hatte sich zuerst direkt an den
Kraftwerksbetreiber gewandt, dort aber nichts erreicht.
Behörde wusste nicht Bescheid
Das Verwaltungsgericht
urteilte nun, dass ein Betriebsgeheimnis in einem solchen Fall präziser
definiert werden müsse. Laut Richterin Eliska Cihlarova sei die
Aufsichtsbehörde auch angehalten, als Betriebsgeheimnis deklarierte
Informationen aktiv zu prüfen. "Wenn wir gewusst hätten, dass wir
autorisiert sind, Betriebsgeheimnisse zu beurteilen, dann hätten wir keine
Beschwerde eingereicht", reagierte SUJB-Sprecherin Dana Drabova. Man werde
das Urteil aber befolgen.
Zustimmung in Österreich
Erfreut über das Urteil zeigte sich
der oberösterreichische Anti-Atombeauftragte Radko Pavlovec. Das nunmehrige
Urteil ebne den Weg zu einer "wesentlich vereinfachten Informationsgewinnung
über die Sicherheit tschechischer Atomanlagen", so Pavlovec laut Aussendung
vom Dienstag. Es handle sich um einen "wichtigen Erfolg im Rahmen der
grenzüberschreitenden Anti-Atom-Offensive des Landes Oberösterreich".
Das Gericht habe den "oft geäußerten Vorwurf" bestätigt, wonach die Nuklearaufsichtsbehörde "im vorauseilenden Gehorsam die Interessen des Temelin-Betreibers vertritt". Die südböhmischen Atomgegner hätten bereits im Jahr 2005 detaillierte Informationen über sicherheitsrelevante Projektänderungen im AKW Temelin sowie über die Probleme mit nuklearem Brennstoff verlangt und nicht erhalten. Die Abberufung der SUJB-Leitung sei "zur Herstellung der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Behörde" unabdingbar.