Versuchter Mord unter Skifahrern

Opfer mit Skistock in Kopf gestochen – 18 Monate bedingte Haft

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46-jähriger Urlauber soll nach Apres-Ski Personen grundlos verprügelt haben - Insgesamt fünf Verletzte - Angeklagter konnte sich wegen Alkoholkonsums nicht erinnern - nicht rechtskräftig.  

Ein 46-Jähriger ist am Donnerstag wegen versuchten Mordes und Körperverletzungsdelikten in Salzburg vor Gericht gestanden. Er soll in Flachau (Pongau) am 22. März 2019 nach dem Besuch einer Apres-Ski-Hütte mehreren Personen grundlos verprügelt und einem Mann mit der Spitze des Skistocks mehrmals gegen den Kopf geschlagen haben. Der Angeklagte wurde wegen Körperverletzungsdelikten verurteilt, nicht aber wegen versuchten Mordes. Er erhielt 18 Monate bedingte Haft.

Die Geschworenen am Landesgericht Salzburg sprachen den Angeklagten einmal wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einmal wegen vollendeter schwerer Körperverletzung und dreimal wegen Körperverletzung für schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Beschuldigte war damit einverstanden, er verzichtete auf Rechtsmittel. Staatsanwalt Roland Finster gab keine Erklärung ab. Der Unternehmer war wegen versuchten Mordes sowie wegen absichtlich schwerer Körperverletzung und versuchter schwerer Körperverletzung angeklagt worden.

Der Deutsche sagte, er könne sich nicht erinnern, er sei betrunken gewesen. "Ich hatte nicht die Absicht, jemanden zu töten oder schwer zu verletzen." Vier Apres-Ski-Gäste, darunter drei Polizisten in Zivil, und ein Security-Mitarbeiter wurden an jenem späten Nachmittag durch die Attacken verletzt. Der Angeklagte sei mit "äußerster Brutalität" vorgegangen, sagte der Staatsanwalt. Durch mehrmalige, wuchtige und gezielte Stich- und Stoßbewegungen mit der scharfkantigen Spitze des Skistocks gegen den Kopf und Gesicht eines Mannes habe es der 46-Jährige ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden, einen Menschen töten zu können. Das Opfer erlitt Rissquetschwunden und Prellungen am Kopf.

Eine minimal andere Stichführung mit dem Skistock hätte auch tödliche Verletzungen herbeiführen können, sagte der Staatsanwalt. Er zitierte ein Sachverständigen-Gutachten, wonach ein Bruch des Schädels und lebensgefährliche Blutungen möglich gewesen wären. "Eine der zentralen Fragen wird sein, was hat sich der Angeklagte dabei gedacht?"

Der Angeklagte, der als unbescholten gilt, wusste darauf keine Antwort. Sein damaliges Verhalten entspreche nicht seiner Persönlichkeit, sagte er. Er trinke normalerweise keinen Alkohol. Im Skiurlaub sei das anders, nach dem Konsum von "zwei Jagatee" habe er sich beim Skifahren immer gut gefühlt. Am 22. März habe er allerdings auf der Apres-Ski-Hütte gleich sechs Jagatee getrunken und nur einen Salat dazu gegessen, versuchte der Beschuldigte der Vorsitzenden des Geschworenengerichtes, Richterin Ilona Schalwich-Mozes, seine Erinnerungslücken zu begründen.

Der Staatsanwalt hatte zuvor noch geschildert, wie aggressiv sich der Skiurlauber an gleich drei Tatorten verhalten habe und sich dabei auf Zeugenaussagen berufen. "Der Angeklagte wog damals 110 Kilo. Den zu stoppen, da haben auch Polizisten ihre Probleme." Zunächst soll der Unternehmer aus Bremerhaven laut einem Security-Mitarbeiter in dem Apres-Ski-Lokal ohne Grund einem Gast einen Faustschlag versetzt haben. Nachdem der Rabiate dann mit seiner Lebensgefährtin in die Fahrgastkanzel einer Pistenraupe gestiegen war, in der auch die drei Polizisten in Zivil, die einen gemeinsamen Skitag verbracht hatten, ins Tal fuhren, habe der Deutsche "wie aus dem Nichts" angefangen, auf einen einzuschlagen, berichtete der Zeuge. "Ich fragte ihn, was ist da los? Er antwortete, 'es hat mir nicht gefallen, was die da gesprochen haben'."

Das Opfer erlitt einen Nasenbeinbruch. Ein Polizist in Zivil, der offenbar nach dem Ausweis des Deutschen fragte, bekam ebenfalls einen Faustschlag verpasst. Ein Kollege und ein Security-Mitarbeiter versuchten den Tourist von weiteren Schlägen abzuhalten, sie wurden dabei aber ebenfalls verletzt. Der Angeklagte soll dabei mit dem Stock auf den bereits am Boden liegenden Polizisten eingeschlagen haben. Dieser konnte den Hieben teils ausweichen, in dem er sich zur Seite rollte. Als das Pistenshuttle im Tal angekommen war, war die Stimmung laut Zeugen sehr aufgeheizt.

Der Vorwurf des Mordversuches sei "völlig lebensfremd", sagte Verteidiger Markus Kobler und meinte, es gebe auch Widersprüche im Akt. "Der Angeklagte kann sich an die Vorkommnisse nicht mehr erinnern. Er war aber von Anfang an tatsachengeständig. Er hat den Fehler gemacht, dass er zu viel Alkohol konsumiert und die Wirkung unterschätzt hat. Er ist tief betroffen von diesen Vorfällen und bedauert das zutiefst. Er war sturzbetrunken." Der Sachverständige habe einen Alkoholisierungsgrad von rund zwei Promille festgestellt.

"Ich schäme mich dafür, dass ich heute hier sitze. Es tut mir voll leid. Ich wollte niemanden verletzten, ich war nicht Herr der Lage", beteuerte der Beschuldigte, der wegen des Vorfalls in Untersuchungshaft saß, nach einer Beschwerde aber wieder enthaftet wurde. Er wisse nur, dass er "in einer körperlichen Auseinandersetzung" gewesen sei. Sein Verteidiger betonte, der Angeklagte habe aus der Haft an vier Opfer ein Entschuldigungsschreiben geschickt und insgesamt rund 15.000 Euro an Wiedergutmachungskosten gezahlt.

Die vorsitzende Richterin hatte während der Einvernahme des 46-Jährigen zu bedenken gegeben, dass die "inselartigen Erinnerungslücken" sehr für ein Verdrängen des Mannes sprechen würden. "Dort wo es negativ wird für sie, wissen sie nichts", hielt sie ihm vor. Nach einem Gespräch mit seinem Mandanten in einer Verhandlungspause erklärte der Anwalt, in der Rückschau betrachtet habe es der Angeklagte für möglich gehalten, dass er mit seinen Handlungen Menschen verletzen beziehungsweise schwer verletzen konnte.
 

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