Polizisten Waffe entrissen

Schusswechsel mit Polizei: Schütze entschuldigt sich

Teilen

Bedingte Einweisung in Anstalt für unzurechnungsfähige Rechtsbrecher. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Salzburg. Nach einer Schießerei mit der Polizei im Salzburger Stadtteil Leopoldskron am 25. Juni 2020, bei der zwei Personen verletzt worden waren, ist ein 37-jähriger Salzburger am Dienstag als "Betroffener" vor einem Geschworenengericht gestanden. Der Mann, der nach dem Konsum von Drogen durchdrehte und auf einen helfenden Polizisten schoss, war zur Tatzeit nicht zurechnungsfähig. Er wurde bedingt in eine Anstalt für geistig abnorme, nicht zurechnungsfähige Rechtsbrecher eingewiesen.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Der Salzburger kann weiterhin auf freiem Fuß bleiben und seiner Arbeit nachgehen. Das Gericht erteilte aber sämtliche Weisungen. So muss der Mann eine Psychotherapie absolvieren und wöchentlich auf die Dauer von zehn Jahren einen Drogentest abgeben. Er entschuldigte sich heute für den Vorfall, an den er sich aber nicht erinnern könne.

Staatsanwalt beantragte die Einweisung

Staatsanwalt Robert Holzleitner beantragte bei dem Prozess am Landesgericht Salzburg die Einweisung des bisher unbescholtenen Betroffenen. Der Salzburger leide laut einer gerichtlich beeideten Sachverständigen an einer psychischen Verhaltensstörung und psychiatrischen Erkrankung, die durch seinen Konsum von Cannabis und Kokain begünstigt worden sei. "Er ist aufgrund des engen Weisungskorsetts seit Ende 2020 auf freiem Fuß", werde aber ambulant betreut. Das Gericht habe nun zu entscheiden, ob der Mann unbedingt oder bedingt in eine Anstalt eingewiesen werden soll. Wäre der Mann zur Tatzeit zurechnungsfähig und damit schuldfähig gewesen, wäre er wegen versuchten Mordes angeklagt worden.

Der Salzburger schilderte, dass ihm nach dem Konsum von Drogen in der Früh schwindlig geworden sei und er sich auf einen Wasserhahn gestützt habe. Der Hahn wurde herausgerissen. Weil ihm das Wasser ins Gesicht spritzte, lief er die Stiegen seines Elternhauses, in dem noch sein Vater und Bruder wohnten, hinunter, und rief dem Vater zu, er solle den Hauptwasserhahn abdrehen. Was dann geschah, an das könne er sich nicht mehr erinnern. Er zerstörte ein Fenster und sprang vom Vordach im ersten Stock des Gebäudes. Als gegen 5.30 Uhr zwei alarmierte Polizisten eintrafen, lag der Mann verletzt am Boden - er hatte sich beim Sprung das Fersenbein gebrochen.

Beamter forderte über Funk Rotes Kreuz an

Als sich die Polizisten dem Salzburger näherten, "flehte er winselnd um Hilfe, 'helft mir, ich bekomme keine Luft mehr'", schilderte der Staatsanwalt. Einer der beiden, ein 29-jähriger Beamte, wollte ihm helfen und forderte über Funk das Rote Kreuz an, da er vermutete, es handle sich um Drogenmissbrauch. Doch 40 Sekunden später habe der zweite Polizist (24) gefunkt, "Waffengebrauch, wir brauchen einen Notarzt".

Aus einer hilfsbedürftigen Person sei plötzlich eine angreifende Person geworden, sagte Holzleitner. Der 37-Jährige habe sich am Bein des helfenden Polizisten hochgezogen, aus dem Holster die Dienstwaffe genommen und vier Schüsse in Richtung des Beamten abgegeben, möglicherweise habe eine Ladehemmung Schlimmeres verhindert, meinte der Staatsanwalt. Anschließend sei der zweite Polizist instinktiv zurückgesprungen und habe aus seiner Dienstwaffe sechsmal in Richtung des Betroffenen gefeuert.

37-Jähriger im Bereich der Brust getroffen

Bei dem Schusswechsel wurde der 37-Jährige im Bereich der Brust getroffen, der 29-jährige Polizist erlitt einen Durchschuss im Unterarm. Ein Projektil blieb im Funkgerät des Polizisten stecken. Wer genau wen angeschossen hatte, ist laut dem Unterbringungsantrag nicht feststellbar. Der 24-jährige Polizist habe damals aber in straffreier Notwehr bzw. Nothilfe gehandelt - er agierte "mit dem Willen, sein Leben und das Leben seines Kollegen zu verteidigen". Das Verfahren gegen ihn wurde deshalb eingestellt.

Verteidiger Kurt Jelinek sagte, sein Mandant bedauere den Vorfall, er sei froh, dass nicht mehr passiert ist. "Dass er in so eine Situation kommt, hat er nicht für möglich gehalten." Der Anwalt stellte die Frage in den Raum, wie ein am Boden liegender Wehrloser denn zur Dienstwaffe komme. "Das ist nicht gut gelaufen." Der Betroffene selbst sagte, "die Polizisten wollten nichts Böses, es hätte nichts passieren dürfen. Ich kann mir selber nicht erklären, wie man in so einen Zustand überhaupt kommen kann. Es tut mir leid, dass ich andere Leute in Gefahr gebracht habe." Laut seinem Anwalt konsumiert er seit eineinhalb Jahren keine Drogen mehr, er halte sich an alle Weisungen. Er hat auch wieder Arbeit gefunden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.