Max Zirngast

123-Seiten-Anklage gegen Reporter

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Die Anklage gegen den Steirer Max Zirngast in der Türkei ist teils hanebüchen.

 

Der im September in der Türkei festgenommene österreichische Journalist und Student Max Zirngast, der zu Weihnachten unter Auflagen freigelassen wurde, sieht sich selbst als poli­tischer Gefangener. Einen fairen Prozess erwartet der 29-Jährige nicht, wie er in einem Interview mit dem Magazin Datum erklärte.

123 Seiten stark ist die ­Anklageschrift gegen den Österreicher. Sie wirft ihm vor, die türkischen Sicherheitskräfte zu „delegitimieren“ und eine PKK-nahe Organisation zu „verharmlosen“. Sogar Philosophiekurse, die Zirngast für Kinder angeboten hatte, werden gegen ihn ins Feld geführt. Die Beweise der Anklage klingen schwammig, auch wenn sein Telefon fünf Monate lang abgehört wurde. Die türkische Justiz wirft Zirngast vor, Mitglied der Terrororganisation TKP/K zu sein. „Ich bin keine Geisel, die bewusst während der EU-Ratspräsidentschaft festgenommen wurde. Ich bin ein Kollateralschaden“, so Zirngast. Die Türkei gehe gegen die demokratische Opposition vor, so sei auch er festgenommen worden. „Zu sagen, dass ich besonders sei, wäre eine Ungerechtigkeit gegenüber allen anderen politischen Gefangenen.“

Von der Regierung erwartet Zirngast weiterhin konsularische Betreuung. „Das bedeutet, dass Abgeordnete oder der Konsul zu meiner Verhandlung kommen. Es braucht eine Kontrolle, damit keine Absurditäten passieren.“ Zirngast drohen im Falle einer Verurteilung zehn Jahre Haft.

 

Franziska Tschinderle sprach für das Magazin „Datum“ mit Max Zirngast.

Frage: Wie ist es Ihnen seit der Entlassung ergangen?

Max Zirngast: Ich bin in Ankara. Meine Eltern sind heute Früh zurückgeflogen. Ich versuche, langsam wieder ein Leben aufzubauen.

Frage: Einmal die Woche durften Sie mit Ihrer Mutter telefonieren. Was bespricht man da?

Zirngast: Sie hat mir Grüße überbracht. Das war wichtig, weil Briefe nur verzögert angekommen sind und von einer Kommission gelesen wurden.

Frage: Ihr erster Gerichtstermin ist am 11. April. Außen­ministerin Kneissl hat einen fairen Prozess gefordert. Erwarten Sie einen fairen Prozess?

Zirngast: Als sie das gesagt hat, war ich im Gefängnis. Ich habe also nicht mitbekommen, in welchem Kontext sie das gesagt hat. Allgemein nur so viel: Von einem fairen Prozess auszugehen, ist eine Farce.

Frage: Aus welchem Grund klagt man Sie an?

Zirngast: Nicht wegen Präsidentenbeleidigung. Nicht wegen Propaganda für eine Terrororganisation. Sondern für die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.

Frage: Was erwarten Sie von dem Prozess?

Zirngast: Solche Prozesse ziehen sich in die Länge. Vielleicht ist der zweite Termin im Sommer, der dritte Termin irgendwann im Oktober. Ich gehe von mindestens vier bis fünf Terminen aus. Ich bin darauf aus, dass meine Auflagen aufgehoben werden.

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