Der Enthaftungsantrag wurde abgewiesen, der Vater ist weiter dringend tatverdächtig. Seine Anwälte kündigten umgehend Beschwerde an.
Im Fall jenes sechsjährigen Buben, der Ende August 2022 tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol aufgefunden worden war, ist der Enthaftungsantrag der Verteidigung des 39-jährigen tatverdächtigen Vaters am Freitag vom zuständigen Haftrichter am Landesgericht Innsbruck abgewiesen worden. Der dringende Tatverdacht war weiterhin gegeben, der Mann muss damit in Untersuchungshaft bleiben, in der er sich bereits ein Jahr lang befindet.
Der Anwalt des 39-jährigen Deutschen, Albert Heiss, kündigte an, gegen die Entscheidung eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) einzubringen, hieß es gegenüber der APA. Am Donnerstag war der erfahrene Rechtsverteidiger in einer Pressekonferenz in einem Innsbrucker Hotel in die mediale Offensive gegangen. Er berichtete nicht nur von dem gestellten Enthaftungsantrag, sondern kritisierte - zusammen mit dem Rechtsbeistand der Mutter, Mathias Kapferer - die Ermittlungsarbeit von Polizei bzw. Landeskriminalamt sowie Staatsanwaltschaft massiv. Bei den Ermittlungen und der Tatortarbeit sei es "zu Pannen und Fehlern" gekommen. Dies würden in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten sowie auch offizielle Gutachten belegen. "Es sind massive Fehler passiert. Es wurde zudem nicht ergebnisoffen ermittelt", sagte Heiss. Der dringende Tatverdacht gegen seinen Mandanten, dessen Sohn umgebracht zu haben, sei "nicht mehr haltbar".
Verteidigung sprach von schweren Pannen
Zum einen ortete Heiss etwa "mangelhafte und laienhafte" Spurenauswertung am Tatort, einer Promenade neben der Kitzbüheler Ache. Zum anderen seien bei der Auswertung der Handydaten seines Mandanten "erhebliche Fehler" passiert. Zwei "unabhängige Gutachten" würden zudem belegen, dass aus medizinischer Sicht eine Fremdverletzung wahrscheinlicher sei als eine Eigenverletzung. Auch DNA-Spuren brachten die Anwälte ins Spiel. Es habe zwei DNA-Treffer auf einen Unbekannten in einem Mistkübel bzw. auf Zigarettenstumpen nahe dem Tatort gegeben. Die Ermittler würden diese aus welchen Gründen auch immer zurückhalten. Zudem würden DNA-Spuren einer unbekannten männlichen Person auf den Glasscherben, dem Overall des Buben sowie auf dem Flaschenhals existieren.
Anwalt Heiss sah eine Verletzung der Unschuldsvermutung und teils mediale Vorverurteilung. Die Staatsanwaltschaft habe zudem ihre Pflicht zu einer objektiven Verfahrensführung bzw. das Objektivitätsgebot verletzt.
Ganz anders sah dies indes die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die sich noch vor der Pressekonferenz per Aussendung zu Wort gemeldet hatte. "Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, alles objektiv und sachlich zu beurteilen und dabei die Rechte aller Verfahrensbeteiligten und auch die Unschuldsvermutung zu wahren", hieß es dort etwa. Die Anklagebehörde lasse sich dabei "nicht von sachfremden, persönlich Motiven leiten, sondern ist ausschließlich dem Gesetz verpflichtet und orientiert sich an den vorliegenden Fakten." "Das wird regelmäßig vom Gericht geprüft - im konkreten Fall auch vom Obersten Gerichtshof, der die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft bestätigt hat."
Ursprünglich war man in dem Fall, der auch international Schlagzeilen machte, von einem Raubüberfall auf den Vater ausgegangen. Der Mann soll in der Nacht auf einer Promenade neben der Ache von einem Unbekannten mit einer Flasche bewusstlos geschlagen und beraubt worden sein. Danach soll der Sechsjährige selbstständig aus dem Kinderwagen gestiegen, in die Ache gestürzt und dort ertrunken sein. Doch nach monatelangen, intensiven Ermittlungen, bei denen sich keine heiße Spur nach dem angeblichen Räuber herauskristallisierte, geriet der 39-Jährige ins Visier und wurde schließlich am 27. Februar 2023 festgenommen. Er soll den Buben getötet und den Raubüberfall vorgetäuscht haben. Konkrete Ermittlungsergebnisse sollen ihn schwer belasten.