Fall Leonie

Viereinhalb Jahre Haft für Leonies Vater

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Mutter bekommt ein Jahr teilbedingt. Kind bekam "Strafdusche".

Mit einer strengen Strafe für den Vater der kleinen Leonie, die am 10. November 2014 an den Folgen von beim Abduschen erlittenen Verbrühungen in einem Wiener Spital starb, ist am Freitag im Landesgericht der Prozess um das Schicksal der knapp Dreijährigen zu Ende gegangen. Der 28-Jährige wurde wegen Quälens und Vernachlässigens einer Unmündigen mit Todesfolge zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.

Versehentlich heißes Wasser
Der Schöffensenat schenkte der Verantwortung des Call-Center-Angestellten, er habe seine Tochter "normal abduschen" und dann zu Bett bringen wollen, keinen Glauben. Bei einer vorangegangenen polizeilichen Einvernahme hatte der Mann noch zugegeben, er habe das Mädchen "zur Bestrafung nach einem hysterischen Anfall" mit kaltem Wasser disziplinieren wollen, "damit sie wieder zur Besinnung kommt". Weil der Einhandmischer im Bad nicht richtig funktionierte, sei aber versehentlich heißes Wasser herausgeschossen.

Zumindest über ein Jahr hinweg soll der Vater mit Wissen und Duldung der Mutter das aufgeweckte und lebhafte Mädchen bis zu zwei Mal monatlich mit "Strafduschen" ruhig gestellt haben. Auf die Frage von Richterin Elisabeth Reich, wie das Mädchen darauf reagiert hätte, meinte die 27-Jährige: "Sie hat sich geschreckt." Ihr Partner habe seine Tochter "dann hochgehoben, abgetrocknet, dann hat's wieder passt". Die Frau hat sich mittlerweile vom 28-Jährigen getrennt und ist auch in eine andere Wohnung gezogen. Leonies jüngerer Bruder und ein Sohn aus einer vorangegangenen Beziehung wachsen bei ihr auf.

Verbrühungen
Bei der letzten "Strafdusche" war die knapp Dreijährige mindestens fünf Sekunden mit 60 Grad heißem Wasser verbrüht worden - so jedenfalls die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen des Gerichts. "Weil Sie sich entweder am Regler vertan haben oder falsch angekommen sind", beschied Richterin Reich in der Urteilsbegründung dem Vater. Und weiter: "Ihnen ist bewusst geworden, dass es heiß wurde. Sie haben in Ihrem Ärger aber nicht unverzüglich darauf reagiert." Der Mann habe stattdessen die Verletzungsfolgen in Kauf genommen.

Beiden Elternteilen sei außerdem "hundertprozentig bewusst gewesen, dass das Kind im Krankenhaus versorgt gehört", kam die Richterin auf das sogenannte Nachtatverhalten zu sprechen, das ebenfalls als Quälen und Vernachlässigen einer Unmündigen gewertet wurde. Die Mutter wurde für dieses Unterlassen ("Sie hätten etwas machen müssen!") zu einem Jahr teilbedingter Haft verurteilt, wobei die Richterin andeutete, dass die 27-Jährige gute Chancen hat, den unbedingten Strafteil von vier Monaten im elektronisch überwachten Hausarrest und nicht im Gefängnis verbringen zu müssen: "Das kann man so machen, dass Sie nicht in Haft müssen."

Verstorben
Die Eltern dürften Schwierigkeiten mit dem Jugendamt befürchtet haben, das man ihnen schon einmal ins Haus geschickt hatte, und deshalb die verbrühte Tochter - laut Gerichtsmediziner waren 15 Prozent ihrer Körperoberfläche verbrannt - zunächst nicht ins Spital gebracht haben. Stattdessen besorgte der Vater aus einer Nachtapotheke ein kühlendes Spray, Desinfektionsmittel und Verbandszeug. Erst nach 28 Stunden, als sich am Rücken der knapp Dreijährigen bereits große Brandblasen gebildet hatten und sich die Haut abzulösen begann, fuhr der 28-Jährige mit ihr ins SMZ Ost. Trotz intensivmedizinischer Betreuung war das Leben des Mädchens nicht zu retten.

Beide Angeklagte hatten sich in der Verhandlung "nicht schuldig" bekannt und versichert, sie hätten "nicht geglaubt, dass es so schlimm ist". Leonie habe zunächst geweint, "aber sie hat sich schnell beruhigt. Sie ist dann noch spielen gegangen", behauptete die Mutter. Und weiter: "Sie hat schon 'Aua' gesagt, aber sie hat dann nicht mehr geweint und geschrien. Sie hat an dem Abend keine Schmerzen mehr gehabt". Für den Vater war die Kleine "am Abend relativ normal". Sie sei "ohne gröbere Schwierigkeiten eingeschlafen". Er sei überzeugt gewesen, das Richtige zu tun: "Wir haben uns entschieden, wir versuchen das zu Hause in den Griff zu bekommen. Ich hab' am Anfang geglaubt, dass wir das mit einem kühlen Spray behandeln können."

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Verteidiger Roland Friis erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

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