Heute vor Gericht

1. Foto: Das ist der Obdachlosen-Killer

Teilen

"Jeder soll wissen, was ich gemacht habe" - genau wie der 17-Jährige vor der Polizei ausgesagt hat, kam der junge Serienkiller-Verdächtige zu seinem ersten Prozess Mittwoch am Landesgericht: Eiskalt  und verschmitzt lächelnd, wie auf einem Laufsteg stolzierte er am Blitzlichtgewitter vorbei.

Wien. Bei dem "Aufritt" um 9..45 Uhr im Saal 32 am Wiener Straflandesgericht ging es, wie oe24 berichtete, nicht um die Serie von Messerattacken auf Obdachlose (bei der zwei Männer sterben mussten), sondern um einen Angriff auf seine eigene Mutter im vergangenen Herbst in ihrem Haus in Ottakring. Dabei soll er sie geschlagen habe, dass die Frau die Polizei alarmierte, auch der Verdacht der Nötigung steht im Raum. Die einschreitenden Beamten, die damals natürlich noch nicht wussten, dass der junge Schläger Philipp S. (Name geändert) der meistgesuchte mutmaßliche Täter Wiens war, nahmen den Burschen vorübergehend fest - ein Betretungs- und Annäherungsverbot wurde verhängt.

Badeschlapfen, Hoodie und ein Gähnen

Wie in der kurzen Verhandlung von nur 20 Minuten bekannt wurde, soll der Teenager seiner Mutter mehrere Faustschläge verpasst haben. Als sie zu Boden ging, versetzte er ihr laut Anklage Fußtritte gegen Oberkörper und Kopf, ließ nicht von ihr ab. Die Wienerin erlitt schwere Kopfverletzungen, multiple Blutunterlaufungen im Gesicht, am Hals und den Oberarmen. Dazu kamen etliche Prellungen sowie ein verschobener Rippenbruch. Sein Anwalt Manfred Arbacher-Stöger zu den Vorwürfen: "Mein Mandant war wegen der Einnahme von XTC, Kokain und Ketamin unzurechnungsfähig."  Mit einem provokanten Gähnen verweigerte der Angeklagte, der ihn Badeschlapfen und blauem Hoodie erschienen war, daraufhin alle Aussagen. Die Staatsanwaltschaft beantragte ein psychologisches Gutachten.  

Übrigens: Die voll in Tränen aufgelöste Mutter des Jugendlichen nahm von ihrer Recht Gebrauch, sich als Familienmitglied der Aussage zu entschlagen. Eine Nachbarin und einzige Zeugin schildert, was sie damals mitbekommen hat: "Er war total außer sich und ließ sich nicht beruhigen. So habe ich ihn noch nie gesehen. Als ob er ein andere wäre."

obdachlosen-killer
© Fuhrich

Große Liebe änderte plötzlich alles

Erst am Donnerstag sollte dann auch noch die Haftprüfung über die zu verhängende Untersuchungshaft aufgrund der beispielslosen Serie von Gewaltakten gegen Unterstandlose verhandelt werden.

Als Obdachlosen-Ripper geoutet hat sich der 17-Jährige Philipp S . bekanntlich selbst - indem er Montagnachmittag alleine auf die Polizeistation in der Leyserstraße in Penzing kam und aus heiterem Himmel alles gestand - das er davor nur einer Person offenbart hatte: Seiner Freundin (18), die er im Sommer auf einer Geburtstagsparty einer seiner beiden Brüder kennengelernt hatte. Die sich zunehmend vertiefende Liebe zwischen den beiden soll den Horror-Teenie so sehr besänftigt haben, dass er nicht nur mit seinen nächtlichen Streifzügen auf der Suche nach neuen Opfern aufhörte, sondern sich entschloss reinen Tisch zu machen und sein "Leben neu zu ordnen".

Mandred Arbacher-Stöger

Der bekannte Strafverteidiger Manfred Arbacher-Stöger vertritt einen junge Bulgaren.

© Fuhrich
× Mandred Arbacher-Stöger
 

Laut seinem Anwalt gestand er alles, damit er nicht in 10 oder 15 Jahren erwischt oder belangt werden und dann vor einem völlig verpfuschten Leben stehen würde. Wenn er dagegen jetzt ins Gefängnis käme, bestünde die Chance, später doch noch einmal ein geregeltes Dasein führen zu können: "Er bereut seine Taten zutiefst." Dass  er vor der Polizei behauptet hatte, dass "jeder wissen solle, was er gemacht habe", wertet der Jurist wohl eher als Sühne.

Ob letztere Punkte zutreffen, ist einer der vielen Fragen, die vor Gericht noch zu klären sind. Laut Jugendstrafrecht drohen dem Burschen für den beiden Messermorde (als er übrigens noch 16 war) statt lebenslang wie bei Erwachsenen nur bis zu 15 Jahre Haft. Allerdings weist sein Verhalten und alle Erklärungen von innerem Zwang, Unruhe, Traurigkeit und dem Bedürfnis zu sehen, wie anderen mehr leiden als er selbst, doch gewisse psycho- oder soziopathische Züge, die eine zusätzliche Unterbringung von bis zu 10 Jahren in einer forensisch-therapeutischen Einrichtung mit sich ziehen könnten.

Für alle Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.