Drei Beamte verletzt

Zelle angezündet: Drei Schubhäftlinge enthaftet

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Neben den sechs Zündlern, die schwere Verbrennungen und Rauchgasvergiftungen erlitten, wurden auch drei Beamte verletzt ins Spital gebracht – jetzt ist das Prozess-Urteil da. 

Wien. Die sechs Schubhäftlinge, die am 14. September 2018 ihre Zelle im Wiener Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernals angezündet hatten, sind am Freitagabend am Landesgericht für Strafsachen schuldig erkannt worden. Sie wurden aber nicht - wie angeklagt - wegen versuchter Brandstiftung, sondern wegen schwerer Sachbeschädigung, fahrlässiger Gemeingefährdung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.

Die Angeklagten erhielten bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafen zwischen sechs und zwölf Monaten. In zwei Fällen wurden die Strafen zur Gänze auf Bewährung ausgesprochen, ein Angeklagter bekam von seinen neun Monaten drei bedingt nachgesehen. Den unbedingten Strafteil hat er bereits unter Anrechnung der U-Haft verbüßt. Die übrigen Angeklagten, darunter ein 21 Jahre alter Afghane, von dem die Idee zum Feuerlegen ausgegangen sein soll, fassten unbedingte Strafen aus. Ausschlaggebend dafür war in diesen Fällen ein getrübtes Vorleben in Form rechtskräftiger Vorstrafen.

Von U-Haft zurück in Schubhaft

Jene drei Angeklagte, deren Strafen zur Gänze bedingt nachgesehen wurden bzw. deren unbedingter Strafteil unter Anrechnung der U-Haft als abgesessen gilt, wurden nach der Urteilsverkündung formal enthaftet. Allerdings dürften sie nicht auf freien Fuß gelangen, wie ihre Rechtsvertreter nach Schluss der Verhandlung der APA bestätigten.
 
Die Anwälte gingen davon aus, dass die Betroffenen - zwei Afghanen und ein Iraner - von der U-Haft umgehend zurück in Schubhaft genommen werden. "Ihre Abschiebebescheide sind ja weiter aufrecht", hieß es gegenüber der APA. Noch während der Urteilsverkündung telefonierten anwesende Polizeikräfte, um die nahtlose Überstellung der drei Männer von der Justizanstalt Josefstadt in Schubhaft zu organisieren, wie der APA von einem Beamten bestätigt wurde.
 
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Während die Verteidiger nach Rücksprache mit ihren Mandanten durchwegs auf Rechtsmittel verzichteten, gab der Staatsanwalt vorerst keine Erklärung ab.

Treibende Kräfte vernommen

Nachdem beim Prozessauftakt am vergangenen Freitag vier Angeklagte vernommen wurden, kamen nun jene beiden zu Wort, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft die treibenden Kräfte waren. Ein 21-jähriger Afghane soll die Idee zum gemeinschaftlichen Anzünden der Sechs-Mann-Zelle gehabt haben, ein 30 Jahre alter Iraner - in Deutschland zwei Mal wegen Schlepperei verurteilt und daher mit Hafterfahrung versehen - soll ihn darin bestärkt haben, weil er davon ausging, dass die Schubhäftlinge damit ihrer Abschiebung entgehen könnten.

Der 21-Jährige versicherte allerdings dem Schöffensenat (Vorsitz: Alexandra Skradla), er sei damals unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden und habe zunächst gar nichts mitbekommen. Plötzlich habe man ihn gezwungen, einen Abschiedsbrief mitzuverfassen. Dann hätten zwei Mitgefangene einen Kasten vor die Zellentür geschoben, die Fenster geschlossen und ihre Betten angezündet: "Sie hatten geplant, Feuer zu legen. Ich wusste nicht, was da passiert." Der Aufforderung, ebenfalls sein Bettzeug zu verbrennen, sei er nicht nachgekommen: "Ich habe sofort den Alarmknopf gedrückt."
 
Der Iraner, der am 19. September und damit fünf Tage nach dem Feuer abgeschoben hätte werden sollen, behauptete, er habe es nicht ernst genommen, als er von einem Mithäftling von der beabsichtigten Brandstiftung hörte. Er war erst am 14. September gegen 13.00 Uhr in die Zelle verlegt worden, die knapp neuneinhalb Stunden später abgefackelt wurde. "Ich dachte, er macht nur einen Spaß", sagte der 30-Jährige. Er sei unter dem Einfluss von Antidepressiva gestanden: "Ich war total müde. Ich habe nicht geglaubt, dass sie das machen werden." Er habe sich an den inkriminierten Tathandlungen nicht beteiligt.
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