Kein Amtsmissbrauch nachgewiesen

Angeblich syrischen "Foltergeneral" ins Land gebracht: Vier Freisprüche im BVT-Prozess

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Mit vier Freisprüchen ist am Montag am Wiener Landesgericht der Amtsmissbrauch-Prozess gegen drei frühere Spitzenbeamte des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und einen Vertreter des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl (BFA) zu Ende gegangen.

Ihnen war vorgeworfen worden, sie hätten 2015 einen syrischen "Foltergeneral" in Österreich untergebracht und ihm trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen Asyl verschafft.

Der Schöffensenat sah das anders. "Einige Sachverhalte" seien "anders" als von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angenommen "zu bewerten", stellte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung klar. Es gebe keinen Beweis für einen Tatplan, keinen Schädigungsvorsatz und auch kein erkennbares Motiv. "Das Einzige, was sie (die Angeklagten, Anm.) davon hatten, war viel Arbeit", betonte die Richterin. Die Freisprüche für die Ex-BVT-Beamten - Ex-Spionagechef Bernhard P. und zwei frühere Chefinspektoren - von sämtlichen Anklagepunkten erfolgten im Zweifel. Die erstinstanzliche Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die WKStA gab vorerst keine Erklärung ab.

Den Angeklagten Ex-BVT-Beamten und dem Vertreter des BFA wurde angelastet, einen syrischen General, der ein Gefängnis in Raqqa geleitet haben soll, zum Asylverfahren zugelassen und diesem zum Asylstatus verholfen zu haben, obwohl er nach Informationen der NGO Commission for International Justice and Accountability (CIJA) angeblich Kriegsverbrechen begangen haben soll. Die Anklage warf den BVT-Beamten auch vor, der Staatsanwaltschaft Wien wesentliche Informationen - etwa über einen Zeugen, der den General belastete - vorenthalten bzw. verspätet übermittelt und auf eigene Faust in Den Haag gegen die CIJA ermittelt zu haben.

So sei etwa im Zusammenhang mit einem Email-Verkehr ("Akt bleibt liegen", Anm.), der "zweifellos einer der wichtigsten Bestandteile der Anklage war", durch die WKStA nicht berücksichtigt worden, dass der "General" erst später einen Asylantrag gestellt hatte. "Nicht einleuchtend" erschien es dem Senat, weshalb das BVT drei Wochen nach der Antragsstellung des Asylwerbers beim BFA-Direktor den Akt urgierte, wenn man einen Tatplan gehabt hätte. "Warum soll ich zum Vorgesetzten meines Komplizen gehen, und dort einen Akt urgieren, wenn ich eigentlich auf das Verstreichen der Frist aus bin?" Die "berüchtigte" Email sei des weiteren auch nicht bei der Hausdurchsuchung im BVT gefunden worden, sondern im Akt des Viertangeklagten. "Würden sie so eine Mail in den Akt nehmen?", so die rhetorische Frage der Richterin.

Dass es für die Angeklagten feststand, dass für den General in Frankreich keine Gefährdung bestehe, wie es die Anklage ihnen vorwarf, konnte der Senat so nicht feststellen. Auch sei keine illegale Anwendung des Asylrechts nachweisbar. Die Kooperation sei ohnehin auf einer anderen Ebene getroffen worden, profitiert hätten die Angeklagten dadurch aber nicht.

Auch vom Vorwurf der missachteten Berichtspflicht blieb in der Urteilsverkündung wenig übrig. Dass bei einem Gespräch mit der NGO nicht direkt offengelegt wurde, dass man den General kenne, sehe das Gericht ein. "Es leuchtet ein, dass man in so einem Fall mit den Vorgesetzten Rücksprache hält. Das lässt für den Senat darauf schließen, dass keine Schädigungsabsicht vorlag." Die Einvernahme eines syrischen Asylwerbers in Oberösterreich, der angab den General zu kennen, sei ebenfalls rechtmäßig und im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit gewesen. Dass der viertangeklage Chefinspektor zu diesem Zeitpunkt Kenntnis über ein Strafverfahren gegen den General hatte, sei nicht nachweisbar. Davon abgesehen, seien es den General entlastende Informationen gewesen, die er erfahren hatte.

"Keine Schädigungsabsicht" sah das Gericht auch beim letzten Punkt, den Ermittlungen rund um die CIJA in den Niederlanden. Dafür, dass dadurch die Niederlande in ihrem Recht auf territoriale Integrität geschädigt wurden, sei der Eingriff "zu geringfügig", betonte die Richterin. "Es wurden keine personenbezogenen Daten erhoben. Es wurden Fassaden und ein Garten fotografiert, Informationen die auch im Internet öffentlich sind."

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