Technische Umsetzung scheitert

Chaos-Start zum Impf-Pflichtgesetz

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Die Regierung legt einen strengen Fahrplan zur Impfpflicht vor. 

Wien. An diesem Wochenende wird hektisch über die letzten Details der Impfpflicht diskutiert. Schon am Montag um 14 Uhr soll der überarbeitete Gesetzesentwurf durch den Gesundheitsausschuss. Die Opposition hat den Entwurf am Samstagnachmittag aber immer noch nicht. Versprochen war er bereits für Freitag. Laut ÖSTERREICH-Informationen will die Regierung bei Alter und Straf­höhe nachgeben.
Impfpflicht „light“.

Statt ab 14 Jahren ist eine Pflicht jetzt ab 18 Jahren denkbar. Die Höchststrafe wird wohl von 3.600 auf 2.400 Euro gesenkt. Weil die technischen Voraussetzungen für einen Impf­register-Abgleich erst ab 1. April gegeben sind, soll die Polizei davor stichprobenartig die Impfpässe der Bürger kontrollieren.

Nationalrat stimmt am Donnerstag dafür

Mehrheit. Das einfache Bundesgesetz zur Impfpflicht können die Regierungsparteien ÖVP und Grüne dann bei der Nationalratssitzung am Donnerstag alleine beschließen. Sie wollen aber so viele Mandatare von SPÖ und Neos wie möglich ins Boot holen. Bei der SPÖ zweifeln Gewerkschaft und einzelne Länder, bei den Neos werden einige Abgeordnete fix dagegen stimmen. FPÖ-Chef Herbert Kickl fordert eine geheime Abstimmung. Das wäre sehr unwahrscheinlich. Am 3. Februar wird der Bundesrat keinen Einspruch erheben – die Impfpflicht steht.

Strafen, bevor technische Kontrolle möglich ist

Flut an Einsprüchen. Die Impfpflicht startet mit technischen Problemen: Die ELGA GmbH kann die technische Umsetzung erst ab April bewerkstelligen. Schon davor sollen Polizisten kontrollieren. Diese sollen laut Überlegungen aus dem Gesundheitsministerium auch Organstrafmandate ausstellen können – niedrige Strafen bis zu 90 Euro, die sofort zu bezahlen sind. Wahrscheinlich ist aber eine Flut an Einsprüchen. Das Gesundheitsministerium selbst rechnet mit mehr als einer Million Verwaltungsstrafverfahren (siehe rechts). Die Behörden suchen jetzt Personal dafür.

6 Fragen und Antworten zur Impfpflicht 

1. Wie viele müssen geimpft werden?
In Österreich haben derzeit 6,37 Millionen Menschen ein aktives Impfzertifikat. Mehr als 2,1 Millionen der impf­baren Bevölkerung sind aber noch ungeimpft und würden – mit Ausnahmen – unter die Impfpflicht fallen. Prozentuell am wenigsten Geimpfte leben in Kärnten (68 %), am meisten im Burgenland (77 %). Von den über 65-Jährigen sind knapp 90 Prozent geimpft, in der Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen nur rund 70 Prozent.

2. Wie viele Zertifikate laufen bis Februar ab?
Ab 1. Februar gelten die Impfzertifikate für den ersten und zweiten Stich nur noch sechs Monate lang. „Von dieser Änderung betroffen sind aus heutiger Sicht rund 775.000 Personen. Diese sollten sich bis spätestens 1. Februar 2022 eine Auffrischungsimpfung holen“, meldet das Gesundheitsministerium. Dort hofft man, dass bis Februar alle jene Personen geboostert sind. Ansonsten müssten auch sie bald eine Strafe zahlen.

3. Ab wann gilt die Impfpflicht?
Die Regierung will die Impfpflicht ab Februar einführen. Ab 15. März sollen Ungeimpfte ohne Ausnahmegrund eine Strafe zahlen. Technisch ist eine Verbindung von Impfregister und Melderegister frühestens am 1. April möglich. Bis dahin soll es stichproben­artige Kontrollen durch die Polizei geben. Die Strafen könnten laut ÖSTERREICH-Informationen von 3.600 Euro Höchststrafe auf 2.400 gesenkt werden.

4. Ab welchem Alter gilt die Impfpflicht?
Das ist noch nicht fix. Bis nächste Woche wird der Gesetzesentwurf noch diskutiert. Es könnte sein, dass unter 18-Jährige von Strafen ausgenommen sind.

5. Gilt Impfpflicht auch am Arbeitsplatz?
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will „2G im Job“. Doch die Sozialpartner sind dagegen und laut Regierung soll weiterhin 3G am Arbeitsplatz gelten. Sonst würde neben Geldstrafen auch der Verlust des Arbeitsplatzes drohen. Das sei unverhältnismäßig.

6. Gibt es 1 Million Verwaltungsverfahren?
Die Impfpflicht soll die Eindämmung der Pandemie bewirken – führt aber zu einer Aufblähung des Beamtenapparats. Die Regierung erwartet heuer 1,8 Millionen Strafverfügungen. Davon 1,4 Millionen Ver­waltungsverfahren, weil Menschen – anstatt sich zu impfen oder gleich zu zahlen – Einspruch gegen die Strafe erheben werden.

Das erfordert mehr Personal in der Justiz: Der Dachverband der Verwaltungsrichter hält eine Verdoppelung – also 330 Stellen mehr – für nötig. Auch die Bezirkshauptmannschaften brauchen rund tausend zusätzliche Mitarbeiter.
 

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