Bei Testament

Ex-Häftling, Gärtner und Juristen zogen Wienerin (95) über Tisch

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Die Pensionistin soll zum Zeitpunkt nicht fähig gewesen sein, ein Testament zu unterzeichnen. Weil sich ein vorbestrafter Häftling in der Sache betrogen fühlte, flog der Schwindel auf. 

Beim Testament einer 95-jährigen Wienerin soll 2019 nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Die Seniorin soll laut Anklage dement und damit nicht testierfähig gewesen sein, weshalb sich am Donnerstag fünf Beschuldigte am Wiener Landesgericht wegen Betrugs bzw. Untreue verantworten sollten. Ausgerechnet jener Mann, der die Sache durch eine Selbstanzeige ins Laufen gebracht hatte, erschien jedoch nicht. Richter Philipp Krasa vertagte auf März.

Die wohlhabende Besitzerin mehrerer Immobilien war bereits seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Seit Jahrzehnten kümmerten sich der Gärtner und seine Frau um die bettlägerige Patientin. Der 60-Jährige soll es auf das Erbe abgesehen haben, obwohl er wusste, dass die 95-Jährige aufgrund ihrer Demenz nicht in der Lager war, diese Entscheidung aus eigenem Willen zu treffen, so die Staatsanwaltschaft. Deshalb sei er an einen Bekannten herangetreten, damit ihm dieser einen Juristen vermittelt, der bei der Angelegenheit mitspielt.

Ex-Häftling fühlte sich von Beteiligten betrogen

Dieser und ein Jurist aus seiner Kanzlei, der bei der Testamentserstellung als Zeuge fungierte, sowie ein Notar fanden sich nun ebenfalls auf der Anklagebank wieder. Denn der Vermittler des Deals, ein mehrfach einschlägig Vorbestrafter, soll von den anderen Beteiligten über den Tisch gezogen worden sein: Er bekam nicht die versprochenen 200.000 Euro aus dem Millionenerbe, weshalb der 41-Jährige aus verletzter Ganovenehre selbst eine langjährige Haftstrafe riskierte und Anzeige erstattet haben soll.

Zur heutigen Verhandlung erschien er jedoch nicht und verriet seinem Anwalt auch nicht den Grund dafür, weshalb sein Verfahren ausgeschieden wurde. Allerdings soll er im laufenden Prozess das nächste Mal polizeilich vorgeführt werden.

Der Hauptangeklagte, er soll sich auch fast 150.000 Euro Bargeld angeeignet haben, wies die Anschuldigungen zurück und machte von seinem Recht Gebrauch, keine weiteren Aussagen zu machen. Auch die Juristen plädierten auf nicht schuldig. Der Rechtsanwalt, der das Testament erstellt hatte, will bei der Seniorin keine Anzeichen einer Demenz erkannt haben, bei einem Gespräch hätte diese einen normalen und testierfähigen Eindruck auf ihn gemacht.

 Anders lautete die Conclusio des psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann, der sich vor allem auf einen dreiwöchigen Spitalsaufenthalt der Seniorin im März 2019, knapp vor der Testamentsunterzeichnung und etwa ein halbes Jahr vor deren Tod, berief. Die als verwahrlost beschriebene Patientin war in einem sehr schlechten körperlichen Zustand, konnte sich nicht mal selbst im Bett umdrehen, war wund vom Liegen, schwerhörig und hatte einen Harnwegsinfekt. Sie muss vorher tagelang nichts gegessen und getrunken haben. Dennoch erzählte sie dort, sie würde selbst einkaufen und den Haushalt führen, "ein konkreter Verlust zur Realität". Zudem war sie orientierungslos und misstrauisch gegenüber Tests und Untersuchungen. Eine Ärztin beschrieb sie in der Krankengeschichte als "nicht reversfähig". Und sie wurde als "demente Patientin" bezeichnet.

Hoffmann bescheinigte der Frau zum Zeitpunkt der Testamentsunterfertigung eine mittlere- bis höhergradige Demenz. Sie wäre zudem so auffällig gewesen, dass ihr Zustand auch von einem medizinischen Laien erkennbar hätte sein müssen. Nicht ausschließen wollte der Sachverständige jedoch, dass jemand dies bei einem kurzen Alltagsgespräch an einem guten Tag dank einer "Restfassade" der Seniorin doch nicht bemerkt. Hofmann überlies dies der Beweiswürdigung des Gerichts.

Dieses wird bei der nächsten Verhandlung nicht nur den 41-Jährigen befragen, sondern auch denjenigen als Zeuge vernehmen, der der rechtmäßige Erbe sein könnte. Dieser ist der Erbnachfolger seines verstorbenen Vaters, der als früherer Lebensgefährte in einem älteren Testament der 95-Jährigen bedacht wurde.

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