Der Wiener Kabarettist, Komponist und Schriftsteller Gerhard Bronner ist tot.
Gerhard Bronner prägte wie kaum ein anderer die heimische Kabarettszene der Nachkriegszeit. Nummern wie "Der g'schupfte Ferdl", "Der Bundesbahnblues" oder "Der Papa wird's schon richten" wurden über Jahrzehnte zu echten Klassikern. Noch zu Silvester war Bronner im Wiener Theater Akzent mit einem Mix aus alten Hits und aktuellen Rückblicken auf das Jahr 2006 aufgetreten. Heute, Freitag, ist Gerhard Bronner in einem Wiener Spital gestorben.
1938 nach Palästina geflohen
Gerhard Bronner wurde am 23.
Oktober 1922 in Wien-Favoriten geboren. 1938 musste er aus Wien nach
Palästina fliehen. "Ja, ich hatte hier Wurzeln", so Bronner
einmal in einem APA-Interview, "aber die wurden mit roher Gewalt
herausgerissen und sind eigentlich nie wieder nachgewachsen". Obwohl
Bronner 1948 nach Wien zurückkehrte, sei die Stadt "nie so etwas
wie eine Heimat geworden".
"Marietta"-Bar im Nachkriegs-Wien
Im Nachkriegs-Wien
arbeitete Bronner zunächst als Unterhalter und Pianist in der "Marietta"-Bar
in der Spiegelgasse. Mit seinem ersten musikalischen Bühnenwerk "Reigen
51", das im Wiener Konzerthaustheater uraufgeführt wurde, machte
Bronner als Komponist von sich reden. Sein herausragendes kabarettistisches
Talent bewies er im gleichen Theater, als 1952 mit dem Programm "Brettl
vor dem Kopf" der berühmte "g'schupfte Ferdl" große
Bekanntheit erreichte.
1955 kaufte Bronner die "Marietta"-Bar und machte aus dem Nachtlokal ein renommiertes Sprungbrett für junge Künstler wie Georg Kreisler, Louise Martini, Peter Alexander, Helmut Qualtinger u.a. Zunehmend an Beliebtheit gewannen Bronners Kabarettprogramme wie "Glasl vor'm Aug", "Marx und Moritz", "Brettl vorm Klavier", "Ich und der Teufel" und "Die Arche Nowak".
Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst
Der mit dem
Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und dem Nestroyring
der Stadt Wien ausgezeichnete Bronner spielte über 60 Langspielplatten ein,
die er meist auch selbst produzierte. Dazu kamen mehr als 120 eigene
TV-Programme und gut 2.000 Rundfunkprogramme, darunter die beliebten Serien "Gugelhupf"
(die er gemeinsam mit Peter Wehle 1978 erfand) und "Schlager für
Fortgeschrittene". Einen Namen machte sich der Vater von vier Kindern
(darunter "Standard"-Gründer und -Herausgeber Oscar Bronner) auch
als Übersetzer von amerikanischen Musicals wie "Cabaret", "Alexis
Sorbas" und "My Fair Lady". Er schuf verschiedene
Neubearbeitungen klassischer Operetten (z.B. "Die Fledermaus" für
die Covent Garden Opera in London oder "Im Weißen Rößl"
für die Wiener Volksoper).
Waldheim-Gegner
Bronner war in den 1980er Jahren einer der
schärfsten Gegner der Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten. Dies -
und nicht die Geldstrafe von einer Million Schilling (72.673 Euro), zu der
er 1987 wegen Steuerhinterziehung und weiterer kleiner Zusatzdelikte
verurteilt worden war - sei auch der Grund für seine Übersiedlung nach
Florida 1989 gewesen, sagte Bronner einmal. Er hatte sich geweigert, die
Strafe beim Wiener Landesgericht zu bezahlen. Die unbelastete Rückkehr in
seine Heimatstadt 1993 ermöglichten Freunde des Künstlers, die in einer
Sammelaktion großzügig in die eigene Tasche gegriffen hatten, um die Strafe
beim Wiener Landesgericht zu hinterlegen.
Bis zuletzt aktiv
Im Jahr 2000 bewarb sich Bronner um das
Theater im Rabenhof, zog seine Bewerbung jedoch wieder zurück. 2002
moderierte er die Eröffnungsveranstaltung der Wiener Festwochen, die unter
dem Titel "Vom Winde verweht..." an jene österreichischen und
deutschen Emigranten erinnerte, deren Musik zahlreiche Hollywood-Filme
mitgeprägt hat. 2004 veröffentlichte er den Memoirenband "Spiegel
vorm Gesicht". 2005 setzte er gemeinsam mit Elfriede Ott im
Stadttheater Walfischgasse mit dem Programm "Noch immer - schon wieder"
dem Wiener Humor alter Schule noch einmal ein wunderbares Denkmal. "Je
ernster eine bittere Wahrheit war, die ich dem Publikum näher bringen
wollte, desto überzeugender habe ich sie in Humor verpackt",
verriet Bronner in seinen Erinnerungen, "Man verließ das Kabarett in
guter Laune, aber die Wirkung stellte sich meist später ein."
Für Fischer "ein guter Freund"
Mit großer
Bestürzung reagierte Bundespräsident Heinz Fischer auf den Tod von Gerhard
Bronner, der "ein guter Freund" gewesen sei. Österreich habe einen großen
Künstler und Humanisten und einen Bürger mit einer ganz außerordentlichen
und eindrucksvollen Biographie verloren, schreibt Fischer in einem Brief an
Bronners Sohn, den "Standard"-Herausgeber Oscar Bronner.