Machtkampf eskaliert

Kurz entlässt Kickl, alle FPÖ-Minister gehen

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Die FPÖ weitet den Polit-Krieg gegen den Kanzler aus – und provozierte ihn noch.

Montag 10.30 Uhr – die FPÖ ist nach dem politischen Ende HC Straches und dem Hinauswurf aus der Koalition durch Kanzler Sebastian Kurz auf dem politischen Kriegspfad. Am Montag treten ein „völkerverbindender“ neuer Parteichef Norbert Hofer und ein aggressiv-offensiver Noch-Innenminister Herbert Kickl vor die Kameras. Botschaft: Nicht der Ibiza-Skandal rund um Strache sei schuld am Platzen der Koalition – sondern die „machtbesoffene ÖVP“.

Kickl warf dem Kanzler 
sogar Wortbruch vor

Angriff. Kickl griff Kanzler Kurz, der später dem Bundespräsidenten dessen Abberufung vorschlagen sollte, frontal an und ließ dessen Argument nicht gelten, dass ein blauer Innenminister seinen blauen Parteispenden-Skandal nicht aufarbeiten kann. Kickl warf der ÖVP vor, sich nicht an eine zuerst getrof­fene Vereinbarung nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gehalten zu haben. Habe man sich zuerst nur auf den Rückzug von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus geeinigt, sei auch plötzlich seine Person infrage gestanden. Kickl: „Es ist der Versuch, die eigene Macht innerhalb der Regierung auszubauen.“ Ansage der FPÖler: Werde Kurz Kickl abberufen und keinen FPÖler zum Innenminister machen, wollen alle blauen Minister zurücktreten.

FPÖ könnte Kurz im 
Nationalrat stürzen

Und nicht nur das: Ein hoher FPÖ-Politiker drohte gegenüber ÖSTERREICH sogar damit, ein Misstrauensvotum gegen den Kanzler zu unterstützen (siehe Seite 6).

Und noch eine Provokation: Während der FPÖ-Politiker noch vor den Kameras sitzt, wird bekannt, dass Kickl seinen umstrittenen Innenministeriums-General Peter Goldgruber zum Generaldirektor für öffentliche Sicherheit ernannt hat. Dem Versuch machte Bundespräsident Alexander Van der Bellen aber sofort den Garaus und erklärte, er werde die Bestellung nicht unterschreiben. Doch Goldgruber amtiert jetzt einmal im Innenministerium – eine Kampfansage an Kurz und die ÖVP. Hofer versprach zwar einen fairen Wahlkampf. Die Blauen sind laut einem ÖSTERREICH-Bericht aber entschlossen, auch koalitionsinterne Gesprächsprotokolle gegen Kurz und Co zu verwenden …

Peter Goldgruber
© TZ Oesterreich FALLY Gerhard

VdB: Veto gegen Goldgruber

Am Höhepunkt des Kampfes um die Koalition ernannte am Dienstag Innenminister Herbert Kickl seinen engsten Vertrauten Peter Goldgruber zum obersten Polizisten. Goldgruber sorgte in der Vergangenheit unter anderem wegen seiner umstrittenen Rolle in der BVT-Affäre für Aufsehen. Er stieß die rechtswidrige Razzia im Verfassungsschutz an. Bundespräsident Van der Bellen legte aber sofort sein Veto ein.

Kickl übernahm in der FPÖ das Kommando

Die FPÖ ernannte am Sonntagabend zwar Norbert Hofer als neuen Parteichef, sichtlich das Kommando in der FPÖ hat aber jetzt Herbert Kickl. Der Mann, der das Innenministerium gezielt umbaute, führte am Montag das große Wort, griff Kanzler Kurz an und warf diesem „Machtbesoffenheit vor“.

Bad – Good. Während Kickl in Polizistensprache den „Bad Cop“ gab, präsentierte sich Norbert Hofer als der „Good Cop“, lobte den Bundeskanzler, ja sogar die Wiener Stadtzeitung Falter bekam ein Lob ab. Skurril: Hofer entschuldigte sich bei seiner Familie, dass er nicht mehr oft zu Hause sein werde – erst um seine Enkelkinder könne er sich dann wieder kümmern …

Kurz entlässt Kickl, alle FPÖ-Minister gehen
© APA

FPÖ-Minister provozierte Bundeskanzler bis zuletzt

Montag, 10.30 Uhr – die FPÖ ist nach dem politischen Ende HC Straches und dem Hinauswurf aus der Koalition durch Kanzler Sebastian Kurz auf dem Kriegspfad. Am Montag treten ein freundlicher neuer Parteichef Norbert Hofer und ein aggressiver Noch-Innenminister Herbert Kickl vor die Kameras. Botschaft: Nicht der Ibiza-Skandal rund um Strache sei schuld am Platzen der Koalition, sondern die „machtbesoffene ÖVP“.

Angriff. Kickl griff Kanzler Kurz frontal an und warf der ÖVP vor, sich nicht an eine zuerst getroffene Vereinbarung nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gehalten zu haben: „Es ist der Versuch, die eigene Macht innerhalb der Regierung auszubauen.“ Werde Kurz Kickl abberufen und keinen FPÖler zum Innenminister machen, wollen alle blauen Minister zurücktreten.

Kickl wollte noch seinen Best Buddy befördern

Und nicht nur das: Ein hoher FPÖ-Politiker drohte gegenüber ÖSTERREICH sogar damit, ein Misstrauens­votum gegen den Kanzler zu unterstützen (siehe Seite 6).

Und noch eine Provokation: Während der FPÖ-Politiker noch vor den Kameras sitzt, wird bekannt, dass Kickl seinen umstrittenen Innenministeriumsgeneral und Best Buddy Peter Goldgruber zum Generaldirektor für öffent­liche Sicherheit ernannt hat. Das wurde von Van der Bellen aber schon gestoppt.

Peter Goldgruber
© TZ Oesterreich FALLY Gerhard
Goldgruber sollte zum Generaldirektor für öffentliche Sicherheit ernannt werden.

Kurz: "Schlage Entlassung Kickls vor"

Am Montagabend trat Kurz vor die Presse und verkündete die Entlassung des Innenministers. Das Statement des Kanzlers:

  • Über Kickl: „Herbert Kickl war Generalsekretär seiner Partei und ist für die Finanzen hauptveranwortlich gewesen. Ich habe nach dem Gespräch mit ihm und anderen Vertretern der FPÖ nicht wirklich das Gefühl gehabt, dass es ein Bewusstsein für die Dimension dieses Skandals gibt.“
  • Letzter Ausschlag Goldgruber: „Gezeigt hat sich das auch durch die Entscheidung des Innenministers, seinen ohnehin schon umstrittenen Generalsekretär Peter Goldgruber auch noch zum Generaldirektor für öffentliche Sicherheit zu bestellen.“
  • Die Entlassung: „In dieser Gemengelage wäre es der Schlüssel gewesen, dass er durch seinen Rückzug bei der Aufklärung geholfen hätte. Diesen Schritt hat er nicht gemacht. Und ich habe nach dem Gespräch mit dem Bundespräsidenten entschieden, dass ich die Entlassung des Innenministers vorschlagen werde. Ich habe das auch dem neuen FPÖ-Obmann Hofer mitgeteilt.“
  • Expertenkabinett: „Die FPÖ hat angekündigt, dass sie sich vollständig aus der ­Regierung zurückziehen wird. Wenn das geschieht, habe ich die Absicht, dass die frei gewordenen Ministerämter von Experten oder Spitzenbeamten übernommen werden.“

Video zum Thema: Hofer & Kickl zur Staatskrise

Kickl: "Das ist kalte Machtbesoffenheit"

FPÖ-Innenminister Herbert Kickl ging am Montag voll auf Kanzler Sebastian Kurz los.

  • Über die Verhandlungen nach Auftauchen des Videos: „Mit Kurz wurden Freitag und Samstag die Schritte definiert: Rückzug von Strache und Gudenus, Norbert Hofer als Vizekanzler, Neustart. Die ÖVP hat am Samstag eine neue Forderung erhoben: Ich müsse das Innenministerium verlassen.“
  • Über die Bedeutung des Ressorts für die ÖVP: „Dieses Ministerium war über Jahre hindurch Dreh- und Angelpunkt und Motor einer knallharten ÖVP-Machtpolitik in dieser Republik. Es musste zurück unter die Kontrolle der ÖVP, koste es, was es wolle.“
  • Über den Versuch der ÖVP, ihm aus dem Amt zu drängen: „Es ist der Versuch, die Macht in der Regierung auszubauen, einen Regierungspartner zu knebeln und eine Spaltung in dessen Reihen herbeizuführen. Es ist ein Rückfall in die Untiefen der ÖVP-Machtpolitik, die dieses Land so viele Jahre gelähmt gehalten hat. (...) Das Vorgehen der ÖVP ist eine kalte und nüchterne Machtbesoffenheit, die ­Eigeninteressen voranstellt, ohne Rücksicht auf Verluste und Bedacht auf die Folgen.“
  • Über die Rolle des Bundespräsidenten: „Was ich bedaure, ist, dass der Bundespräsident die wahre Absicht hinter einem jungen und freundlichen Gesicht nicht durchschaut hat.“
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