Affären

Der Fall Schilling: Protokoll eines grünen Super-GAUs

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Die grüne Parteispitze wusste seit Wochen über die Vorwürfe gegen Lena Schilling. Reagiert hat sie erst zum letztmöglichen Zeitpunkt. 

Die Grünen riskieren mit ihrer EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling wegen der gegen sie gerichteten Vorwürfe einen politischen Super-GAU. Was noch dazukommt: Laut oe24-Recherchen wusste die grüne Parteispitze von der Causa seit Anfang April – zu einem Zeitpunkt also, als eine Änderung der Wahlliste noch möglich gewesen wäre. Und lange bevor die Geschichte – penibel recherchiert – im „Standard“ erschien. Erst am Mittwoch trat dann Schilling, flankiert von der grünen Parteispitze, an die Öffentlichkeit. Man beklagte eine „Schmutzkübel-Kampagne“ – inhaltlich nahm man aber nicht Stellung: Es gehe ausschließlich um Schillings Privatleben.

  • Fall 1: Die Bohrn Menas. Ausgangspunkt der Affäre sind Unwahrheiten, die Schilling gegen die mit ihr befreundeten Umweltaktivisten Veronika und Sebastian Bohrn Mena über häusliche Gewalt verbreitet haben soll. Diese Behauptungen führten sogar zu einem außergerichtlichen Vergleich, wonach Schilling die Aussagen zu unterlassen habe. Datiert ist das Papier mit 12. April – spätestens da musste die Parteispitze davon gewusst habe: Bohrn Mena betont, er habe Parteichef Werner Kogler und Generalsekretärin Olga Voglauer informiert, den Vergleich formulierte zudem die Parteianwältin mit. Die Bohrn Menas sind Personen, die durch ihr Engagement in der Öffentlichkeit stehen, selbst haltlose Vorwürfe von Gewalt wären existenzgefährdend – also keine Privatsache Schillings.
  • Fall 2: Belästigung. Auch hier geht es um eine berufliche Existenz eines Mannes: Schilling soll im Herbst 2023 von der Belästigung durch einen Journalisten eines Privatunternehmens herumerzählt haben. Die Gerüchte schlugen derartige Wellen, dass die Arbeitgeber des Mannes die Sache prüften. Zum Glück konnte der Betroffene die Causa durch Vorlage von Chats rasch klären.
  • Fall 3. Falsche Affären. Ein weiterer Vorwurf betrifft eine von Schilling angeblich erfundene Affäre mit einem TV-Journalisten, zudem soll sie einer grünen Abgeordneten eine solche mit dem Mann angedichtet haben. Eine Klage wurde überlegt. Der Journalist verzichtete aber darauf, weil die Sache erst recht bekannt geworden wäre.
  • Fall 4: Rücktritt. Im Oktober 2023 trat Nationalrat Clemens Stammler nach einem Raufhandel in der Wiener Disco U4 zurück. Er war mit einem Journalisten aneinandergeraten, der eine Aktivistin gegen einen angeblichen Übergriff verteidigen wollte. Die Aktivistin war – Lena Schilling, mit Stammler bestens bekannt. Stammler trat zurück, Klubobfrau Sigrid Maurer behauptet, dass es damals nicht um Belästigung gegangen sei, sondern ausschließlich um den Raufhandel.

Keine Dementis. Alle diese Vorwürfe wurden weder von Schilling noch von der grünen Parteispitze bisher dementiert oder inhaltlich kommentiert.

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